Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 108

Was die heutige Abstimmung betrifft: Klar ist, daß SPÖ und ÖVP die Vereinbarungen honorieren müssen, die sie mit der Nationalbank, mit der BIZ und mit unseren europäischen Partnern getroffen haben. Aber aus der Sicht einer Oppositionspartei, die an diesen Verhandlungen weder beteiligt noch über sie informiert war, noch sonst irgendwie "schuld" oder "unschuldig" ist an diesen Ereignissen, sehe ich nicht den geringsten Grund dafür, uns an einer solch riskanten Sache zu beteiligen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

14.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

14.30

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es eigentlich traurig, daß Herr Kollege Van der Bellen, der ja ein Nationalökonom ist und daher zweifellos die wirtschaftlichen Zusammenhänge und auch die Notwendigkeit solch international akkordierter Aktionen versteht, hier sagt, die Opposition müsse das ablehnen, da sie nicht entsprechend eingebunden gewesen sei.

Herr Kollege Van der Bellen! Ich hätte mir ehrlich gestanden gerade von Ihnen erwartet, daß Sie anerkennen, daß es im Grunde keine politische Alternative zu einer kurzfristig notwendigen, weltweiten Solidaritätsaktion für die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt gibt.

Wir beschließen heute die gesetzliche Basis für eine Teilnahme Österreichs an einer ganz großen, weltweiten Hilfsaktion für eine Volkswirtschaft, und zwar zu einem Zeitpunkt, meine Damen und Herren, zu dem wir global so vernetzt sind, daß wir alle, egal, ob sich der Krisenherd in Asien, Rußland, Japan oder Südamerika befindet, Sorge haben müssen, daß es zu Dominoeffekten und damit zu negativen Auswirkungen auch auf die Arbeitsplätze in Österreich kommt.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir nicht, Brasilien ist der fünftgrößte Exportmarkt Österreichs in Übersee. Es gibt da also unmittelbare, direkte Rückwirkungen auch auf die Exportwirtschaft in Österreich. Ich denke etwa nur daran, daß aufgrund der Südostasien-Krise – so klein ist die Welt geworden: "global village" – zum Beispiel die Papiermaschinen in Nettingsdorf stillstehen und die Arbeiter dort Sorge um ihre Arbeitsplätze haben.

So klein ist die Welt geworden, und dieses Schlagwort vom "global village" ist eigentlich schon längst tägliche Realität. Wir müssen damit leben, und daher sage ich ein klares Ja zu solchen internationalen Hilfsaktionen. Dabei kann man natürlich das eine oder andere im nachhinein kritisieren, kann man natürlich im nachhinein das eine oder andere national bedeutsame Argument bringen, aber im Grunde haben wir keine Alternative, wenn gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds ein Stabilisierungs- und Konsolidierungsprogramm ausgearbeitet wurde, der dafür beachtliche Beträge – 18 Milliarden Dollar! – zur Verfügung stellt, wenn die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank ... (Abg. Mag. Trattner: 49 Milliarden!) – Herr Kollege, ich sehe, Sie haben nicht einmal die Unterlagen gelesen! Ich hätte doch angenommen, daß Sie wenigstens die Unterlagen gelesen haben.

Es sind drei Quellen: Es ist das Geld des Internationalen Währungsfonds mit 18 Milliarden Dollar, es sind je 4,5 Milliarden Dollar von der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank, und es ist ein Betrag von etwas mehr als 14 Milliarden an bilateraler Hilfe, davon etwa die Hälfte, also zirka 7,5 Milliarden Dollar, von der EU.

Meine Damen und Herren! Der Anteil Österreichs in Höhe von 50 Millionen Dollar entspricht einem Anteil von 0,34 Prozent. Unser Anteil – Österreichs Anteil – an den Importen Brasiliens ist doppelt so groß, nämlich 0,6 Prozent. Wir sind also auf einer Linie mit Kleinstaaten wie Luxemburg, mit den wirtschaftlich schwachen Staaten wie Irland oder Griechenland. Im Grunde ginge es ja eher um die Frage: Entspricht dieser Solidaritätsbeitrag eigentlich unserem wirtschaftlichen Verhältnis mit Brasilien, oder müßte er nicht doch größer sein? (Abg. Mag. Trattner: Es geht nicht um das!)


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