Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 115

Der Herr Bundeskanzler ist seit drei Jahren im Amt, und er war vorher Finanzminister. Auch Sie, Frau Ministerin, haben genügend Zeit gehabt, entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen, unter denen sich Fleiß, Können und Arbeit in unserem Land wieder lohnen. Wenn Sie und Ihr Arbeitsmarktservice heute dazu übergehen, jeden Monat Jubelmeldungen über ständig steigende Beschäftigungszuwächse vom Stapel zu lassen, dann sollten Sie auch dazusagen, daß der überwiegende Teil dieser Beschäftigungen Teilzeitbeschäftigungen sind, mit denen die Menschen nicht einmal eine Überlebenschance haben, weil sie für diese Teilzeitbeschäftigungen wesentlich weniger bekommen, als das Existenzminimum in Österreich ausmacht. Das ist etwas, was ich gerade bei sozialdemokratischen Abgeordneten nicht verstehe.

Gleichzeitig tritt der Herr Finanzminister in die Diskussion ein und will die Schifahrer nunmehr vom gesamten Einkommen, nicht mehr nur von 25 Prozent ihres Einkommens, Steuern zahlen lassen.

Der nächste, der sich dabei zu Wort meldet, ist Herr Bundeskanzler Klima. Er meint, man sollte auch die Künstler mit einbeziehen, daß auch die nur mehr 25 Prozent ihres Einkommens zu versteuern hätten.

Ich würde vorschlagen: Finanzieren wir einmal die Einkommensschwächeren dadurch, daß sie nur mehr 25 Prozent ihres Einkommens zu versteuern haben, denn das sind in Wirklichkeit auch Künstler, nämlich Überlebenskünstler in dieser Republik Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie und Ihre Regierungskollegen glauben allen Ernstes – und das hören wir seit Monaten –, daß dieser berühmte, seit 1. Jänner 1999 eingeführte Euro sämtliche Probleme Österreichs lösen wird. Es gab eine Euphorie sondergleichen, riesige Sektflaschen, Champagnerflaschen. Die Korken haben nur so geknallt am 1. Jänner 1999. (Abg. Dr. Mertel: Bei Ihnen nicht? Geben Sie zu, Sie haben eine Flasche geöffnet! Wie ich Sie kenne, haben Sie auch eine Flasche geöffnet!) Es war geradezu abenteuerlich, wie hoch der Kurs war und wie stark und stabil er sich gegenüber dem Dollar entwickelt hat. Nur: In der Zwischenzeit haben wir bereits mindestens 10 Prozent des Kurses verloren, und es rührt sich nichts. In Wirklichkeit haben Sie für den Euro eine Latte vorgegeben, die von den meisten Ländern nicht einzuhalten sein wird. Sie kommen mir vor, als würden Sie einen Marathon ausschreiben und sagen, alle Teilnehmer müssen unter 2 Stunden 20 Minuten laufen. Jetzt frage ich Sie nur: Was ist, wenn sie es nicht schaffen? Ich frage Sie: Was passiert, wenn dieser Euro die Erwartungen nicht erfüllt?

Dieser Euro ist ein Arbeitsplatzvernichter auch in Österreich! Denn was wir nicht brauchen, das sind diese "berühmten" McJobs. Wir haben jahrelang als Sozialpartner dafür gekämpft, daß es in dieser Republik soziale Rahmenbedingungen gibt, die es den Menschen bei Beschäftigung ermöglichen, ein menschengerechtes Dasein zu fristen. Was machen Sie daraus? – Sie sagen: Na ja, wir müssen die Kollektivverträge erhöhen, 12 000 S sind wirklich genügend und ausreichend. – Hier herinnen sitzt nicht ein einziger, der mit diesem Monatseinkommen auskommen muß. Da sitzen gerade auch die Sozialdemokraten in all ihrer Vielfalt und mit all ihrem Phantasiereichtum, was die Beschäftigung ihrer Funktionäre neben der parlamentarischen Tätigkeit betrifft. Ich würde Ihnen einmal wünschen, nur einen einzigen Monat mit 15 000 S auskommen zu müssen. (Abg. Dr. Mertel: Da beziehen Sie sich aber auch selbst mit ein!) Das, Frau Ministerin, würde ich Ihnen einmal wünschen, gerade auch mit Kindern, die unter Umständen studieren.

Das ist Ihr Sozialstaat, den Sie zu Grabe getragen haben. Sie mit Ihrer Sozialdemokratie, die seit dem Jahre 1970 bis zum heutigen Tage den Regierungschef stellt und nicht in der Lage ist, in Österreich Beschäftigungen zu ermöglichen, die auch ein Einkommen sichern. Das ist das größte Problem, vor dem Sie stehen. Sie wissen auch keine Lösungen mehr, aber Sie flüchten sich in Klausuren (Abg. Dr. Mertel: Im Gegensatz zu Ihnen!) und glauben, damit ist es abgetan. Sie haben Lehrlingsbeschäftigungsprogramme ins Leben gerufen, Sie machen Aktionen für ältere Beschäftigte, Sie machen Strafaktionen für Betriebe, die ältere Beschäftigte nicht mehr weiterbeschäftigen wollen, und ähnliches mehr. Was hat denn bis heute gegriffen?


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