Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 122

Frau Bundesministerin, Sie wissen ganz genau: Die Zunahme der Zahl der Teilzeitjobs ist in Österreich voll auf Kosten der Ganztagsbeschäftigung gegangen. Wir haben im Unterschied zu Holland nicht den Effekt erreicht, daß wir mit Teilzeitjobs die Arbeitslosigkeit wenigstens in entsprechendem Ausmaß ausgeglichen hätten, sondern es sind die Frauen und die älteren Arbeitnehmer, die seit Jahren kontinuierlich die Zeche zahlen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich glaube, die Rederei, daß jetzt endlich für die Frauen etwas getan werden müsse, daß das die "Causa prima" sei, daß das "Chefsache", also Sache des Herrn Bundeskanzlers sei, ist wirklich eine gefährliche Drohung. Denn die Frage der Beschäftigung ist seit 1987, seit Bundeskanzler Vranitzky, stets Chefangelegenheit gewesen. – Gebessert hat sich für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und für die älteren Beschäftigten in diesem Land jedoch nichts. Verzeihen Sie mir, Frau Bundesministerin, aber wir haben kein Vertrauen mehr darauf, daß die ausgearbeiteten Konzepte, die Sie uns da immer wieder vorlegen, diesmal besser sein werden als jene, die Sie in den letzten zehn Jahren vorgelegt haben.

Ich erlebe es ja auch bei uns in der Region. Vorgestern hatten wir im Stadtrat eine Sitzung mit den Beamten des Herrn Landesrates Haller, die uns klar und deutlich mitgeteilt haben, wir sollten jetzt endlich von Spittal aus eine neue Regionalisierung betreiben. Bei der Umstellung der Szenarien im Landwirtschaftsbereich von der Kulisse fünf auf die Kulisse drei werden jene Projekte, die derzeit noch etwa 70 Arbeitsplätze bei uns im Bezirk schaffen und die nicht selbstrechnend sind, wegkommen, und das Management werden dann drei bis vier Leute machen. Mehr Geld ist nicht zu erwarten! Das ist die Realität!

Wir lassen uns hier nicht mehr durch beschönigende Ausreden sozusagen aufs Abstellgleis schieben, sondern wir wollen endlich Taten sehen, Taten, die der österreichischen Bevölkerung wieder Beschäftigung bringen, die den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern endlich jenen Lebensstandard sichern, den die Gewerkschaft schon seit Jahrzehnten verlangt. Von einem Durchschnittseinkommen von 15 000 S kann für viele ja überhaupt keine Rede sein. Es gibt genug Menschen, die nur 10 000 S verdienen oder sogar mit 3 600 S bis 5 800 S auskommen müssen.

Auch auf das vom Kollegen Feurstein gepriesene Bürgersystem in England möchte ich noch etwas eingehen. Mein Schwager lebt in England, ist in Pension gegangen, und er muß dort diesen Bürgerdienst machen, weil er sonst bei 40 Prozent Pension seinen Lebensstandard am Ende seines Lebens nicht mehr halten könnte. – Ich betrachte so etwas nicht als sozialen Erfolg, sondern ausschließlich als soziale Notmaßnahme, um jenen Leuten, die noch halbwegs rüstig sind, zu einem Zeitpunkt, zu dem sie im verdienten Ruhestand sein sollten – in England geht man nicht im Alter von 58 oder 59 Jahren in Frühpension, sondern mit 65 und 67 Jahren und ist tatsächlich in diesem Alter nicht mehr sehr leistungsfähig, gebrechlich und ausgeschunden, wie das im Volksmund so treffend heißt –, wenigstens die Existenz und sonst nichts zu sichern.

Das sollte nicht der Weg der österreichischen Sozialpolitik sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Ich erteile ihm das Wort.

15.34

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich habe die Richtlinien zur Durchführung des Pilotprojekts erst vor kurzem ausgefaßt und behalte mir selbstverständlich vor, sie genauer zu studieren. Aber schon die flüchtige Lektüre hat mir nahegelegt, auf etwas Bestimmtes einzugehen.

Sie nehmen selbst Bezug auf die alte "Aktion 8000". Deren Ziel war es, 8 000 Arbeitsplätze durch ein bestimmtes sozialpolitisches Vorgehen zu schaffen. Heute haben wir von Frau Bundesministerin Hostasch gehört, "Newstart" benötigt 150 Millionen Schilling und zielt auf 800 Arbeitsplätze. Also ist "Newstart" vielleicht eine Aktion 800, das heißt, eine Null ist weggefallen, es ist um eine Zehnerpotenz weniger. Vielleicht ist es strukturell besser. Aber auch daran habe ich meine Zweifel, und ich sage Ihnen, warum.


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