Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 124

Aber machen Sie doch zum Beispiel persönliche Dienstleistungen für die Leute, die sich das leisten können, steuerabzugsfähig, und gewähren Sie jenen, die das Einkommen nicht haben, eine Negativsteuer. Dann hätten Sie zum Beispiel im Bereich der Kinderbetreuung einen Quantensprung auf dem Arbeitsmarkt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Machen Sie so etwas! Das wäre ein echter new start, würde aber Umdenken voraussetzen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Bitte.

15.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Anmerkung noch zu der eigentlich spannenden Auseinandersetzung zwischen den Kollegen Haupt und Feurstein.

Kollege Haupt hat mit sehr richtigen Argumenten das Konzept dieser "Bürgergesellschaft", die Herrn Khol da vorschwebt, am Beispiel England kritisiert, wo ersichtlich wird, was darunter zu verstehen ist: daß nämlich Personen, die Sozialhilfe beziehen, andere soziale Leistungen beziehen, ältere Menschen mit 70, 80 Jahren noch arbeiten gehen müssen, damit sie überhaupt Anspruch auf diese soziale Leistung erhalten. – Das, Herr Kollege Khol, ist ein unsoziales Konzept! (Beifall bei den Grünen.)

Das zweite, das man dazu sagen kann – auch das schwebt Ihnen bei der "Bürgergesellschaft" vor –, betrifft schon vom Namen her nur die Männer, die Feuerwehrhauptleute, die Musikvereine, aber nicht den Straßenmusiker.

Zum dritten, das man noch dazu sagen kann, geht es um Tätigkeiten, die, indem sie als sozial und gemeinnützig benannt werden, gleichzeitig von Ihnen mit dem Geruch und dem "Odium" versehen werden, daß sie schlechter bezahlt werden müssen. Und das, Herr Kollege Khol, ist ebenfalls abzulehnen.

Ich komme nun aber noch auf die Ausführungen des Kollegen Haupt zurück. Folgende Anmerkung, Kollege Haupt, sei mir dazu gestattet: Die Argumentation ist richtig, nur bleibt dann auch von der gemeinnützigen Pflichtarbeit, die die Freiheitlichen fordern, Gott sei Dank nichts mehr übrig. Man sollte schon die eigenen Konzepte auch dahin gehend überprüfen, ob man sich nicht im Zusammenhang mit den richtigen Argumenten selbst widerlegt. – Aber jetzt komme ich zum Eigentlichen.

Ich habe nichts gegen "Newstart". Kollege Kier hat mir dankenswerterweise schon einige Argumentationen vorweggenommen, aber ich befürchte, daß "Newstart" das Old-end oder das End-as-usual, wie wir es schon von der "Aktion 8000" her kennen, erleiden wird. Kollege Kier hat richtigerweise darauf hingewiesen, daß die "Aktion 8000" immerhin noch den Anspruch gehabt hat, 8 000 Personen in Beschäftigung zu bringen. Jetzt sind es 800 Personen. 800 Personen! Ich habe das umgerechnet und mir auch ausgerechnet. 800 Personen sind 0,03 Prozent der Arbeitslosen. Das sind drei Hundertstel! Ich verstehe jetzt den Satz des Herrn Bundeskanzlers, der gesagt hat, er kämpfe um jeden Arbeitslosen. Manchmal wird auch gegen jeden Arbeitslosen gekämpft. Dieser Satz ist aber auch noch anders zu interpretieren. Offensichtlich geht es tatsächlich schon um die kleinen Größen. Frau Bundesministerin! Wir brauchen aber nicht nur 800 Arbeitsplätze, sondern angesichts der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gerade im gemeinnützigen Bereich brauchen wir Tausende, Zehntausende Arbeitsplätze. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe Ihnen ein Beispiel dazu. Wenn ich diese Aktion hier so toll gepriesen finde – es gibt darin Punkte, die mir gefallen, die ich nicht für überflüssig halte –, aber gleichzeitig hören muß, daß in Niederösterreich die Tagesmütter, die bei den diversen schwarzen und roten Vereinen angestellt sind, jetzt nicht mehr sozialversichert sind, weil das AMS seine Förderung zurückgenommen hat, dann frage ich mich, auf wessen Kosten welche Finanzierung stattfindet. Gleichzeitig höre ich, daß Kinderbetreuungsbeihilfen in den letzten Jahren gestrichen wurden, daß sich


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