Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 135

Die Beschäftigung ist uns ein Anliegen, uns allen hier im Hohen Haus. Die Sozialdemokraten, die große Regierungsfraktion sagt, wir brauchen eine Beschäftigungsverträglichkeitsprüfung. – Wissen Sie nicht, daß Sie genau das hier im Hohen Haus schon abgelehnt haben? Wir Liberalen haben ein Gesetzeskostenfolgenabschätzungsgesetz eingebracht, das genau dasselbe will, was Sie mit Ihrer Beschäftigungsverträglichkeitsprüfung wollen. Worum geht es denn? – Es geht darum, nicht zu viele überbordende Kosten den Bürgern und Bürgerinnen – sprich weniger privater Konsum – oder den Unternehmungen – sprich höhere Arbeitskosten – aufzulasten.

Wir haben Sie aufgefordert, darüber zu diskutieren, welche Auswirkungen die Gesetze auf die Haushalte und die Unternehmungen haben. Das haben Sie abgelehnt. Herr Klubobmann Khol hat mir bei dieser Debatte einigermaßen schnippisch erklärt, er sei gerne bereit, darüber zu reden, welche Folgen die Kosten für Länder und Gemeinden haben, aber das, was die Haushalte und Unternehmungen angeht, behandle er hier nicht. – Also Sie fordern das, was im Hohen Haus schon vorliegt. Sie rufen zum Fenster hinaus und sind nicht bereit, hier die Arbeit zu beginnen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Genau dasselbe gilt auch für die Österreichische Volkspartei. Sie hat den weisen Satz gesagt: Nur die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze. – Aber was nützt uns denn dieser Satz, wenn Sie die Vorlagen, die im Hause liegen und sich mit genau dieser Frage beschäftigen, nicht behandeln wollen?

Wir sind der Ansicht, daß es wirklich schade um die Zeit ist, den Menschen in diesem Lande ein X für ein U vorzumachen, ihnen Sand in die Augen zu streuen, auch wenn Wahlen heraufdämmern. Ich fordere Sie auf, mit der ernsthaften Arbeit zu beginnen, und zwar in dem Hause, in dem Gesetze gemacht werden – und das ist nun einmal nicht die Wirtschaftskammer Österreich, und es ist auch nicht die Arbeiterkammer Österreich und nicht der Gewerkschaftsbund, sondern Gesetze werden allemal noch hier im Parlament gemacht – von den Damen und Herren, die von der Bevölkerung gewählt werden! Dann müssen aber auch die Verhandlungen darüber hier stattfinden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Arthur Köstler hat in seinem bedeutenden Roman "Die Sonnenfinsternis" den Begriff "kontrollierte Schizophrenie" geprägt. – Genau das werfe ich Ihnen vor. Sie haben eine Bewußtseinsspaltung in bezug auf das, was Sie den Menschen sagen, und in bezug auf Ihr Verhalten hier im Hohen Haus. Gehen Sie doch die Themen an, von denen Sie wissen, daß sie anstehen, und daß sie die Voraussetzung dafür sind, um neue Beschäftigung zu schaffen!

Es gibt eine zu geringe Nachfrage im privaten Konsum. Die Investitionsnachfrage, die in den letzten zwei Jahren sehr gut war, wird sich 1999 reduzieren. Die öffentliche Nachfrage ist durch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte begrenzt. Da haben Sie keinen Spielraum mehr. Sie haben – das sagte ich Ihnen schon vor einer Stunde in der Debatte – die Verschuldung des Landes fünfmal schneller gesteigert als die Wirtschaftsleistung in den letzten 33 Jahren. Da gibt es keinen Spielraum mehr.

Auch die Exporte, die uns 1997 und 1998 ein sehr gutes Wirtschaftswachstum gebracht haben, waren nicht mehr als eine Rente des EU-Beitritts. Diese Rente haben wir konsumiert. Den erreichbaren Level an Exporten haben wir erreicht. Dort, wo wir weitere Wachstumsfelder hätten, nämlich im Bereich der Erweiterung der Europäischen Union, sind sowohl die Volkspartei – ich erinnere mich mit Grausen an das, was uns Herr Pröll aus Niederösterreich zu diesem Thema wissen ließ – als auch die Mandatare der Sozialdemokratischen Partei in höchstem Maße zögerlich. Dabei müßten doch gerade wir in Österreich diejenigen sein, die die Erweiterung der Europäischen Union vorantreiben, weil wir am ehesten die neuen Märkte, die unsere Wirtschaft braucht, erschließen können und damit neue Beschäftigung bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die zusätzliche Beschäftigung, die wir uns wünschen und die wir brauchen, kann letztlich nur durch Nachfrage geschaffen werden – Nachfrage, auf die Unternehmungen Antwort finden müssen.


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