Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 176

denn ihr könnt eh nichts machen." – Einige Jahre später hat der große Chirurg Kirschner bereits gesagt: "Der Arzt muß zum Unfall, zum Notfallpatienten gebracht werden!" – Erst dann hat man angefangen, die Notfallmedizin so richtig zu aktivieren.

In Linz hat Professor Bergmann bereits im Jahre 1974 den ersten Notarztwagen für seine Anästhesieabteilung installiert, und von Linz aus hat sich das System der Notarztwagen entwickelt. Auch der Einsatz von Helikoptern, die Flugrettung, wurde vor allem in Innsbruck durch Universitätsprofessor Dr. Flora und Oberarzt Dr. Jenny sehr stark gefordert und schließlich durchgeführt. Erst im Jahre 1978 wurde ein Notarzthubschrauber professionell unter der Bezeichnung "Martin 1" eingesetzt. Im Jahre 1970 – das wollte ich eigentlich sagen – wurde bereits ein Notfallhubschraubersystem in München installiert. In Österreich sind wir erst 13 Jahre später dazu gekommen. Ich möchte an dieser Stelle, Frau Minister, sagen: Wir müssen nicht immer hinten nachhängen! Wir müssen darauf schauen, daß wir diese Systeme vorantreiben. Wir sind zwar mit diesem neuen Gesetz sicherlich einen Schritt weitergekommen, aber das ist noch nicht alles.

Betreffend Defibrillationsgerät: In Amerika und in Deutschland werden Laien bereits mit diesem Apparat in Berührung gebracht und können diesen einsetzen. Warum haben wir in Österreich immer noch Hemmungen, diesen einzusetzen, wenn wir ihn zumindest der Gendarmerie, der Feuerwehr und der Polizei in die Hand geben könnten? Denn das sind ja jene Menschen, die als erste zu einem Notfall kommen, Menschenleben retten und entsprechende Aktionen setzen können. Wir wissen ganz genau, daß die ersten vier Minuten die wesentlichen Minuten bei einem Herzstillstand sind, die über Tod und Leben entscheiden, und daß die weiteren Maßnahmen erst in den darauffolgenden sechs Minuten getroffen werden können. Nach mehr als zehn Minuten ist eine Defibrillation nicht mehr sinnvoll beziehungsweise hat man keinen Erfolg mehr. Sonst hat man noch zu 50 Prozent Erfolg. Das Ziel muß eben eine funktionierende Rettungskette sein, die eine Defibrillation vor Ort innerhalb von zehn Minuten gewährleistet.

Mit diesem Gesetz haben wir dieses Ziel auch erreicht, deswegen bejahe ich es. Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, daß auch gewisse Gruppierungen im Gesundheitsbereich eine Defibrillation durchführen dürfen. Das war schon eine jahrelange Forderung der ÖVP. Im Februar 1998 haben wir ein Seminar veranstaltet, und damals wurde von 70 Notfallmedizinern eine Resolution verfaßt, die Ihnen, Frau Minister, zugegangen ist, in der diese halbautomatische Frühdefibrillation gefordert wurde. Wir wurden damals auf September vertröstet. Im September mußten wir dann feststellen, daß erst im Spätherbst die Einbeziehung der Rettungssanitäter in den Gesetzentwurf kommt. Dieser hat aber keinen Funken an Übereinstimmung mit den Rettungsorganisationen und den Ländern erkennen lassen. Er wurde ausgesandt und wegen Unvereinbarkeit wieder zurückgenommen.

Darüber hinaus stellte der Inhalt damals doch einen gewaltigen Keulenschlag gegen die ehrenamtlich Tätigen dar. Da mußten wir uns vehement vor die Rettungsorganisationen stellen und die Ehrenamtlichkeit als einen Pfeiler unseres Gesundheitssystems und unserer Gesellschaft überhaupt verteidigen. Ich meine, das muß man hier schon ganz klar sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Da hat der Leiner recht!) Wir hoffen, daß in der neuen Vorlage diese Ehrenamtlichkeit gewährleistet ist, ansonsten können wir von der ÖVP dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Frau Minister! Zwei Schwachstellen (Abg. Dr. Khol: Nur zwei!), die im Notfallhilfesystem verankert sind, muß ich jetzt noch darstellen. Schwachstelle Nummer eins ist folgende: Geben wir uns nicht mit der Erste-Hilfe-Ausbildung in den Schulen und in den Fahrschulkursen zufrieden! Wir müssen darauf schauen, daß durch einen mehrjährigen Stufenplan die Menschen dazu motiviert werden, zu helfen. Man muß auch diese Leute weiterschulen. Das muß aber auch mit der Verpflichtung verbunden sein, Wiederholungskurse über die wichtigsten Rettungsmaßnahmen durchzuführen.

Schwachstelle Nummer zwei betrifft die Honorierung der Notarzteinsätze. Da bestehen große Unterschiede in Österreich: In der Steiermark werden pro Kilometer 12 S gezahlt, in Tirol 70 S.


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