Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 197

Das ist der Punkt, Frau Kollegin, in dem wir uns von Ihnen Gott sei Dank wirklich ganz bewußt sehr weit entfernen: Wir müssen nämlich auch in der Landwirtschaft – wie überall sonst – nachhaltig solide Arbeitsplätze schaffen, die langfristig überleben. Wir brauchen Betriebe, die letztlich im Wettbewerb bestehen können. Daran kommen wir nicht vorbei. Da nützt auch kein Semmering-Tunnel, weder oben noch unten. Das geht nicht! Da müssen wir eine klare Linie haben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Die Strukturprobleme bestehen nach wie vor, und zwar verschärft. Unsere EU-Präsidentschaft ist im wesentlichen ungenützt vorbeigegangen. Herr Minister! Wenn man sich das jetzt kritisch anschaut, dann muß man allerdings sagen, daß Sie nicht der einzige Agrarminister sind, der so vorgeht: Die Agrarminister schreiben ihre Politik nämlich fort, quasi wie in dem Spiel "Mach du es!", das vielleicht jemand aus der Jugend kennt. Man gibt den Ball immer weiter und hofft, daß endlich einer den Mut haben wird, die Sache sozusagen um fast 180 Grad zu wenden. Jeder Agrarminister sagt aber: Ich habe meine Klientel zu Hause, ich habe meine Klientel in Brüssel, ich habe meine Klientel unterwegs. Hoffentlich ist das halbe Jahr bald um. Und dann: Mach du es! – So bringt es auch Herr Funke sehr klar zum Ausdruck. Er sagt, was er alles noch zu tun hat hinsichtlich zentraler Fragen.

Es hat keine Reform der Marktordnung gegeben – weder bei der Milch noch beim Rindfleisch. Wenn die Zahl stimmt, die ich mir herausgeschrieben habe, dann sind derzeit 600 000 Tonnen Rindfleisch gelagert. Das heißt, es geht weiter. "Produzieren wir!", das ist die Formel.

Die Tierhaltungsrichtlinien fehlen. Österreich hat sich nicht durchgesetzt. Wir haben im Ausschuß auch von den sogenannten Güllequoten gesprochen: Man kann Felder und Liegenschaften hinzumieten, bringt das aber trotzdem auf der eigenen Liegenschaft an.

Es herrschen Planlosigkeit und Uneinigkeit bei der Finanzierung. Herr Minister! Im gestrigen "Kurier" steht ganz klar, daß es einen Wettlauf der Agrarminister gibt und es darum geht, wer seine Variante durchsetzen wird. Es besteht keine Bereitschaft, gemeinsam vorzugehen. Da sind Sie aber nicht allein sozusagen auf die Anklagebank zu bringen, sondern es gehören alle anderen mit dazu. Jeder holt nur für sich selber die Rosinen heraus. Das ist aber keine europäische Agrarpolitik, sondern eine Lobbypolitik, und von der müssen wir uns verabschieden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nach wie vor besteht Industrielandwirtschaft. Daran hat sich nichts geändert. Da stehen nach wie vor ehemalige Lagerhallen irgendwo in Belgien oder in Holland oder sonst irgendwo, in denen – wir wissen das – Schweine oder Rinder, die aus England herübergeholt werden, hochgemästet werden. Das ist Agrarpolitik! Dazu muß ich sagen: Nein! Das ist weder gesund noch vernünftig! Das ist weder gut für die Tiere noch natürlich für uns Menschen, die wir ja etwas Gesundes und Gutes essen wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie sagen das selbst, und auch ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß Ihnen in einer Sache etwas gelungen ist, nämlich in Sachen Regulierung beziehungsweise Richtlinie für den biologischen Landbau. Alle Achtung! Das ist in Ordnung! Das freut mich. Wenn Sie dann aber die Rußlandhilfe auch als etwas Positives hinstellen, Herr Minister, dann muß ich sagen: Sicherlich ist es in dem Sinn etwas Positives, daß man, wenn es leider Gottes in Europa noch Menschen gibt, die hungern, diesen hilft. Das heißt, wir haben unseren Fleischberg abgebaut und haben gesagt: Okay, machen wir das! Wir schicken das dorthin, bevor sozusagen unsere Lager übergehen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) – Ich diskutiere dann mit Ihnen noch privat! Ich habe mich wirklich intensiv mit der Sache befaßt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Betrachten Sie etwa die Landwirtschaftsförderung, Herr Kollege! Wie können Sie darüber lachen? Wie können Sie lachen angesichts dieses administrativen Wirrwarrs, was die Förderung in Österreich betrifft!? Wie können Sie da lachen? Wie können Sie 300 Millionen für die Administration allein bei der AMA ausgeben und dazu noch lachen? Lachen Sie lieber mit Ihren Bauern! Wenn die Bauern lachen werden, dann lachen wir mit, mein lieber Freund! (Beifall beim


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