Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 201

selbstverständlich unterstützt, weist aber auch auf die Notwendigkeit hin, für mehr Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Agrarbetriebe zu sorgen.

Herr Bundesminister! Ich weise Sie in diesem Zusammenhang nur auf eine Zeile auf Seite 299 hin, die uns besonders ins Auge gefallen ist. Angesichts dessen, daß es knapp 300 Betriebe gibt, an die eine Förderungssumme von über 2 Millionen Schilling ausbezahlt wird – das heißt, für 0,16 Prozent der Betriebe werden 3,3 Prozent der Fördermittel ausbezahlt, während 40 Prozent der Förderungsfälle mit nicht einmal 9 Prozent der Förderungssumme auskommen müssen –, denke ich mir: Bei aller Bereitschaft der Öffentlichkeit, hierzu einen Beitrag zu leisten – und bei den Grünen ist unter der Voraussetzung, daß ein ökologischer, sozial verträglicher Landwirtschaftsbetrieb gewährleistet ist, diese Bereitschaft sicherlich gegeben –, müßte eine derartige Ungleichverteilung korrigiert werden beziehungsweise möchten wir auch eine Begründung hören, warum es derartige Ungleichgewichte gibt.

In der Sache selbst ist es unsere immer wieder vorgebrachte Hauptkritik, daß wir eine klare Linie, eine Ausrichtung der österreichischen Agrarpolitik vermissen. Wir freuen uns darüber, daß es in Österreich einen deutlich höheren Anteil an ökologischen Betrieben als in anderen europäischen Staaten gibt. Wir sehen das im Zusammenhang mit einem wachsenden entsprechenden Bewußtsein der KonsumentInnen und erkennen das auch an Beiträgen aus dem Tierschutz im Verbund mit einer ökologischen Landwirtschaft. Nur ist das eine Schiene neben anderen, und das ist meiner Ansicht nach eine Strategie, Herr Bundesminister, die auf Dauer nicht aufgeht, weil sie zum einen die Konsumentinnen und Konsumenten verunsichert – man weiß nicht, woran man mit welcher Produktdeklaration wirklich ist – und weil sie zum anderen ein Österreich-Marketing in diesem Zusammenhang erschwert.

Ich bin der festen Überzeugung – das habe ich Ihnen im Rahmen von Diskussionen schon mehrmals gesagt –, daß es in 10 bis 15 Jahren keine konventionelle Landwirtschaft mehr geben wird. Es wird zum einen Agrarfabriken geben, Industriebetriebe von gewaltiger Dimension, und es wird ökologische Klein- und Mittelbetriebe geben, die durchaus am Markt bestehen können. Aber die Betriebe dazwischen werden vom Markt verdrängt werden. Daher kann man sich nicht ein bißchen da und ein bißchen dort bewegen, wenn man nicht das – immer noch – Gros der österreichischen Betriebe in ihrer Existenz gefährden will.

Die Situation ist insgesamt bedrohlich: ein Rückgang bei den Einkommen um 4 Prozent – und das auch wieder sehr selektiv, nämlich sehr zu Lasten der ohnehin schon benachteiligten Betriebe – und gleichzeitig ein Vorschlag für eine Agenda 2000, bei dem ich mich frage, wieso Verbesserungen, die ursprünglich im Entwurf aus dem Jahre 1997 enthalten waren, jetzt wieder stark verwässert worden sind. Meine Frage an Sie lautet: Was war Ihr Beitrag dazu?

Die ökologische Anbindung der Einkommensbeihilfen ist zum Beispiel stark verwässert worden. Die Streichung der Silomais-Prämie ist gefallen. Die Obergrenzen für Direktzahlungen sind auch wieder im Sinne von unserer Meinung nach unzulänglichen Kürzungen aufgeweicht worden. Es ist nach wie vor nicht entschieden, welchen Weg die europäische Agrarpolitik gehen wird. Nach wie vor sind es auch offizielle Vertreter des Agrarbereiches, die den Bauern und Bäuerinnen immer noch weismachen wollen, daß das Hecheln nach den Vorgaben des Weltmarktes für Österreich etwas Erstrebenswertes sei.

Herr Bundesminister! Bitte verabschieden Sie sich von diesem Konzept, und sagen Sie das den österreichischen Bäuerinnen und Bauern auch offen und ehrlich! Was wir brauchen, ist eine nach ökologischen und sozialen Kriterien, nach der Arbeitskraft in der Landwirtschaft unterstützte europäische Produktion für die eigenen Märkte, und auch das immer stärker für den Bereich der regionalen Versorgung.

Daß diese eindeutige Orientierung nicht vorliegt, wird mir immer wieder bewiesen, etwa dadurch, daß es doch keine Abstandnahme von einer Steigerung der Exportsubventionen etwa im Bereich der Rinderproduktion gibt. Sie rechtfertigen das mit Zuchtrindern, Herr Bundesminister. Zum einen wissen Sie – und gerade die Debatte innerhalb der EU hat es gezeigt –, wie groß da die Mitnahmeeffekte, bis hin zu echten Subventionsbetrügereien, sind. Zum anderen


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