Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 34

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Tatsache ist, daß im Bereich der Landwirtschaft Reformbedarf besteht. Ich darf Herrn Kommissar Fischler von einem Briefing in Brüssel zitieren:

Fischler unterstrich, daß es keine Unklarheit gebe, welche Probleme es zu bewältigen gilt. Die WTO-Grenzen für unsere subventionierten Exporte stehen bereits fest. Der Unterschied zwischen den Preisen auf dem Binnenmarkt und jenen auf dem Weltmarkt ist auch offensichtlich. Klarerweise soll herauskommen, daß bedeutende Kürzungen der landwirtschaftlichen Produktion ins Haus stehen. Tatsache ist, daß die Budgets der EU-Mitgliedstaaten angespannt sind. Tatsache ist, daß der EU-Beitritt der MOEL-Länder ansteht. Tatsache ist, daß die Strukturfonds reformiert werden müssen.

Aufgrund dieser Umstände muß klarerweise auch im Bereich der Landwirtschaft etwas geschehen. Kommissar Fischler hat reagiert, meine Damen und Herren! Am 15. Juli 1997 hat er die "Agenda 2000" vorgelegt. Was ist in der langen Zeit, die seither verstrichen ist, passiert? – Ich zitiere wieder Aussagen des Herrn Kommissar Fischler in den "Salzburger Nachrichten":

Bauern wird nicht die Wahrheit gesagt. Fischler: Am Anfang haben die Bauernvertreter gemeint: Wir brauchen keine Reform, und wir verhindern daher die Reform! Die Bauern haben sich durch ihr Verhalten am Anfang ein Eigentor geschossen. – In der Folge macht Herr Kommissar Fischler dreimal die Aussage – er redet dreimal davon –, daß den Bauern teilweise nicht die Wahrheit gesagt wird. Allein in diesem Interview bezieht er sich dreimal darauf.

Ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt im Zusammenhang mit dem Umstand, daß die "Agenda 2000" schon im Juli 1997 vorgelegt wurde, ist eine aktuelle Presseaussendung des Herrn Bundesministers Molterer, in der er wissen läßt, daß er derzeit intensive Gespräche mit anderen Mitgliedstaaten führt.

Ich meine, meine Damen und Herren, daß gerade in bezug auf diese Angelegenheit sehr viel wertvolle Zeit verstrichen ist. Daß etwas passieren muß, ist aber eine Tatsache – eine Tatsache, die auch die "Süddeutsche Zeitung" dargelegt hat. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, daß seit 1992 Jahr für Jahr 500 000 – eine halbe Million! – landwirtschaftliche Betriebe geschlossen werden. Jahr für Jahr! Man stelle sich das vor!

Was heißt das für uns? – Für Österreich kann und muß das heißen, daß wir darauf schauen müssen, daß die kleinbäuerliche Struktur erhalten bleibt. Ich zitiere die Österreichische Bergbauernvereinigung, die kritisiert, daß es bisher verabsäumt wurde, ein Konzept mit Zukunftsvisionen für eine bäuerliche Landwirtschaft zu entwickeln.

Ich könnte wieder Herrn Kommissar Fischler zitieren, der sagt: Wo liegt die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft? – Sie liegt auf alle Fälle in der Qualität. Sie liegt nicht dort, wo sie der liberale Abgeordnete Frischenschlager sieht. Frischenschlager sagt: Die Familienbauernbetriebe sind eine landwirtschaftliche Lebenslüge. Es sei eben kein Zukunftsberuf, ein Sieben-Hektar-Bauer zu sein.

Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren! Ich bringe Ihnen ein Beispiel aus meiner Region, aus Salzburg, wo es sehr viele kleine Bergbauern gibt. Da gibt es zum Beispiel eine Molkerei in Maishofen. Diese hat im Jahre 1992 3,8 Millionen Liter Milch und im Jahre 1998 über 40 Millionen Liter Milch verarbeitet – lauter Bioprodukte. Im Prinzip war das eine Chance für die kleinen Bauern. Ich halte es für falsch, wenn man die kleinstrukturierte Landwirtschaft verurteilt.

Wir brauchen mit der Agenda 2000 eine Senkung der Produktionspreise, wir brauchen die Sicherung der Einkommen der Bauern durch Direktzahlung, und das Wesentliche ist, daß ein Sockelbetrag für die Kleinbetriebe eingeführt wird und endlich eine soziale Staffelung Platz greift. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Er hat das Wort.


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