Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 127

Für mich – ich sage das jetzt, ohne es zu rosig darstellen zu wollen – ist dieses Dokument die Basis für eine politische Lösung. Und es gibt keine Alternative dazu! Es wird niemand ein besseres politisches Dokument zustande bringen als diese drei Verhandler, die dieses Dokument eigentlich in 14 Tagen fertiggestellt haben. Das ist eine große Leistung, denn das Ergebnis ist sowohl für die Albaner wie für die Jugoslawen und Serben zumutbar. Die Albaner gewinnen etwas, wovon sie seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, geträumt haben. Sie gewinnen eine Autonomie, die in der Substanz praktisch gleich viel wert ist wie ein eigener Staat, aber es ist unterhalb der Ebene und des Namens eines Staates: Sie haben einen gewählten Präsidenten, sie haben ein gewähltes Parlament, sie kriegen eigene Sicherheitsorgane, sie bekommen ein eigenes Bildungs- und Gesundheitssystem, sie bekommen die volle Autonomie über alle Politikbereiche.

Sie bekommen sogar eine gewisse Art von Außenpolitik zugestanden, sie haben de facto nur mehr eine formale Verbindung mit Serbien. (Abg. Jung: Sie glauben wirklich, daß das alles kommen wird?) Nein, ich spreche jetzt vom Inhalt, Herr Abgeordneter, denn die Frage hat gelautet: Was ist das Ergebnis? (Abg. Jung: Das ist abgehoben von der Realität!) Erlauben Sie, daß ich zumindest darstellen kann, was in diesem Dokument steht. – Zugleich gewinnen sie, verankert im Militär- und Sicherheitsannex, den Rückzug der Spezialpolizei und der Armee plus einer internationalen militärischen Präsenz. Das ist ja ein untrennbares Ganzes.

Die Serben und Jugoslawen auf der anderen Seite gewinnen, daß die Separation, die Unabhängigkeit nicht erwünscht ist, daß sie auch im Dokument nicht drinnen steht, sie gewinnen die Auflösung und Entwaffnung der UČK, der bewaffneten Guerillaarmee der Kosovo-Albaner, und sie gewinnen von der Internationalen Staatengemeinschaft die Perspektive, mit der Unterzeichnung des Vertrages und abhängig von der Implementierung in die Staatengemeinschaft zurückzukehren, daß die Sanktionen nach einem ganz genauen Plan, einer Art D-Day, gelockert werden. Das ist für beide Seiten absolut interessant.

Die Krise am Samstag ist entstanden, weil die Albaner, vor allem die UČK, begriffen haben, daß die Entwaffnung und die Auflösung der UČK im Dokument drinnen steht, und offensichtlich die lokalen Häuptlinge wach geworden sind und ihre Delegation massiv unter Druck gesetzt haben. Daher haben die Albaner den politischen Teil abgelehnt und den militärischen akzeptiert. Die Serben und Jugoslawen haben die Gunst der Stunde erkannt, den politischen Teil akzeptiert und natürlich den militärischen, den Implementierungsteil, abgelehnt. Es bedurfte dann massiver Anstrengungen drei Tage hindurch, daß es jetzt zwei Briefe von beiden Delegationen gibt, wo zum erstenmal folgendes festgehalten wird: The Delegation of Kosova with consensus understands that it can sign the Agreement in two weeks after consultations with the people of Kosova, political und military institutions.

Das heißt, daß die Kosovo-Albaner damit zum erstenmal die politische Verantwortung übernommen haben, nach entsprechenden Konsultationen dieses Abkommen zu unterzeichnen – abhängig von einer NATO-Präsenz.

Dann gab es drei Briefe: Der erste Brief von den Serben war eine Katastrophe. Dann gab es einen zweiten, und der dritte Brief war, glaube ich, eine vernünftige Erklärung, wo es zum erstenmal heißt, daß die Delegation von Jugoslawien bereit ist, über scope und character einer international presence, also der NATO, zu verhandeln. Zum erstenmal! Und die Russen, die unterschrieben haben – allerdings mit Ausnahme der Kapitel 2 und 7 –, haben öffentlich angekündigt, daß sie sich an einer militärischen Präsenz beteiligen würden, wenn Belgrad und der Sicherheitsrat dieses Kapitel mit endorsieren.

Jetzt kommt der Kernpunkt: Wir haben, glaube ich, ein vernünftiges politisches Abkommen, ein Paket auf dem Tisch. Ich sage auch ganz offen: Ich halte das für ganz wichtig. Zum erstenmal seit Jahren gibt es da inhaltlich ein Paket, das in der Substanz von beiden Delegationen akzeptiert wurde. Und jetzt geht es darum, daß man den Kosovo-Albanern hilft, bei ihrer Bevölkerung das durchzubringen. Dafür wird man auch werben müssen, man wird auf breiter Basis informieren müssen. Man muß gleichzeitig aber auch den Druck auf Milošević erhöhen, daß die militärische Präsenz, die sich ja nicht gegen die Serben richtet, die ja auch hilft, daß die Serben im


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