Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 132

und zu einem Friedensgespräch ebnen, aber nicht, indem wir versuchen, das Problem überhaupt nicht wahrzunehmen, den Kopf in den Sand zu stecken!?

Der Zynismus ist dann perfekt, wenn man an ein Land appelliert, das weit entfernt ist von jeglichen demokratischen Strukturen, das eine Militärgerichtsbarkeit hat, das mit seinem Militärsystem einen Staat im Staat hat, wenn man also an ein solches Land appelliert, einen fairen Prozeß zu führen. Darin können sich die außenpolitischen Aktivitäten nicht erschöpfen, Herr Außenminister! Da gehört weitaus mehr dazu. Es gehören mindestens solche intensive Anstrengungen dazu – wenn nicht mehr – wie jene, die jetzt – wie gesagt, sehr spät! – im Falle des Kosovo und Serbiens unternommen worden sind.

Die Menschenrechtspolitik ist in diesem Fall gefordert. Wenn ich mir aber ansehe, wie der Antrag abgestimmt worden ist, bei dem es nur um die Erhöhung der Beiträge für das Internationale Kriegsverbrechertribunal gegangen ist, dann bin ich sehr pessimistisch, wenn ich versuche, mir vorzustellen, wie die Reaktion oder die Antwort dieser europäischen Menschenrechtspolitik sein könnte, wenn es um die konkreten Probleme geht.

Noch ein Wort zur EU-Ratspräsidentschaft: Sie haben die Menschenrechtspolitik zu Ihrem Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft gemacht. Dann agieren Sie bitte jetzt, solange Sie noch in der Troika sind, auch mit entsprechendem Nachdruck, wenn es um die Türkei geht, wenn es um eine Lösung des Problems der Kurden geht! Reagieren Sie jetzt, wenn es darum geht, zu politischen Lösungen zu kommen, bevor Europa mit einem Ausmaß und Auswirkungen eines Konfliktes konfrontiert ist, die unvergleichlich größer sein werden als die des Kosovo! (Beifall bei den Grünen.)

17.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.42

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich wollte eigentlich nicht über die Situation der Kurden sprechen. Frau Abgeordnete Kammerlander, ich möchte aber doch insofern auf Ihren Beitrag eingehen, als ich die große Sorge habe – und zwar aus langjähriger Beschäftigung mit diesem Problem –, daß wir jetzt etwas tun, was in einem anderen Zusammenhang zum Beispiel auch mit dem palästinensischen Volk geschehen ist, daß wir nämlich immer wieder von "den Kurden" sprechen und so tun, als sei Öcalan gleichzusetzen mit "den Kurden". Er ist es nicht! (Abg. Jung: Ihr SPÖ-Parteiobmann ist Öcalan!)

Innerhalb der kurdischen Bevölkerung gibt es bei aller politischen Unterdrückung politische Unterschiede. Es gibt verschiedene Gruppierungen und es gibt Bewegungen, die sich radikalisiert haben. (Abg. Mag. Kammerlander: Na und?) Ich glaube, daß es wichtig ist, daß wir auf die Menschenrechtsverletzungen gegen das Volk der Kurden hinweisen und daß wir diesbezüglich den Druck verstärken. Daß unsere Partei immer dazu aufgerufen hat, können Sie nicht leugnen.

Wir sagen aber sehr wohl, daß in der Angelegenheit Öcalan die Frage des fairen Prozesses – und da geht es nicht um Appelle oder etwas in der Art – eine wichtige ist, denn jeder Mensch, was immer er getan hat, hat das Recht auf einen freien und fairen Prozeß, wie das in der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Türkei ja auch unterschrieben hat, festgelegt ist. Das ist der entscheidende Punkt.

Wenn wir also jetzt die Frage zuspitzen und sagen, das sind alles "die Kurden", dann erweisen wir, wie ich meine, weder der Lösung des Problems noch der kurdischen Bevölkerung einen guten Dienst.

Ich möchte aber noch eine Bemerkung zum "Stadler-Prinzip" machen, was die Europäische Union betrifft. Er meinte, daß wir nichts zahlen sollten. Es gebe gewisse Mißstände, und deshalb sollten wir nichts zahlen. – Dazu muß ich sagen: Mir ist jetzt endlich klar geworden, warum sich Herr Meischberger unschuldig fühlt. Er ist mit der Politik der Regierung nicht einverstanden, also hat er das Geld in den Tresor gelegt und keine Steuern gezahlt. Deshalb fühlt er sich unschul


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