Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 146

Gesellschaft bedeutet doch ex definitione, daß die Einwanderer, Flüchtlinge und Asylanten ihre kulturellen Eigenarten hier praktizieren können! (Abg. Dr. Gusenbauer: Grenzenlos?)

Warum wollen Sie es denn dann verbieten, Herr Kollege Gusenbauer? Warum wollen Sie denn dagegen vorgehen? – Das ist ja gerade die Konsequenz der multikulturellen Gesellschaft! Darüber müssen Sie einmal nachdenken. Sie sind ein intelligenter Mensch, wie ich weiß, und Sie können das und sehen das natürlich auch. (Abg. Dr. Gusenbauer: Gibt es Grenzen der Menschenrechte?) Sie rühren sich auch sofort, weil Sie sehen, daß Sie da zwei Dinge nicht ganz "füreinand’ bringen", wie man so schön im Dialekt sagt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Menschenrechte!) Nein, Sie bringen das nicht "füreinand’"!

Einerseits wollen Sie diese multikulturelle Gesellschaft, andererseits wollen Sie aber entsprechende Sitten dann wieder nicht praktiziert wissen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Gibt es die Grenze der Menschenrechte? – Zwischenrufe der Abg. Fuchs.) Ich sage es Ihnen nur. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Natürlich ist es so! Jetzt melden sich ohnehin schon alle, die diesen Widerspruch vorleben. Jawohl, danke für das Outing! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Das ist ein interessantes Spannungsfeld, das weiß ich schon. Denken Sie aber doch wenigstens darüber nach, ob das eine mit dem anderen zusammenpaßt, Frau Kollegin Fuchs. (Abg. Fuchs: Menschenrechte passen nicht zur multikulturellen Gesellschaft?) Multikulturelle Gesellschaft bedeutet, daß ein fremder Kulturkreis importiert wird und hier praktiziert werden kann. Natürlich! Ich danke, daß sich die Betroffenen zu Wort melden.

Das heißt – dritte Konsequenz –: Man müßte den Einwanderern, den Asylanten und Flüchtlingen von vornherein sagen und nahebringen: Wer bei uns leben will, der hat sich zu integrieren. Er hat sich unseren Wertvorstellungen anzupassen, sich unseren kulturellen Normen anzupassen, und nicht umgekehrt. Und auf diese Konsequenz bin ich bei gewissen Damen und Herren, die sich heute zu Recht – zu Recht; damit wir einander nicht mißverstehen – hier ganz besonders engagieren, neugierig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.43

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß dieser Antrag zustande gekommen ist. Das Thema der genitalen Verstümmelung von Frauen ist ja vor allem seit den siebziger Jahren von der Internationalen Frauenbewegung aufgegriffen worden. Ich möchte Herrn Bauer auch entgegnen, daß es in den betreffenden Ländern selbst eine ganze Reihe von Menschenrechtsorganisationen gibt, von Frauen, die sich genau gegen diese traditionellen Praktiken wenden. (Abg. Dr. Graf: Das ist ein strafrechtliches Delikt, und das können wir bei uns verfolgen!) Und gerade mit diesem Antrag unterstützen wir in den Ländern Afrikas und Arabiens jene Menschenrechtsorganisationen, jene Frauen, die gegen diese grausamen, archaischen Praktiken und für einen gesellschaftlichen Prozeß eintreten, der diesbezüglich zu einer Veränderung führt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte dazu folgenden Abänderungsantrag einbringen, der ein Kompromiß ist; wir hätten auch gerne einen weitergehenden Antrag unterstützt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Posch und Amon zum Entschließungsantrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Amon betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen


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