Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 24

chischer Seite am späten Abend des 15. Februar an alle Partner übermittelt worden, hätten diese rechtzeitig und besser reagieren können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die PKK-Führung fordert derzeit ihre Anhänger zum Gewaltverzicht außerhalb der Türkei auf. Eine langfristige Prognose über ihr weiteres Verhalten ist daraus aber nicht zu schließen. Ich habe mich deshalb Ende der letzten Woche mit dem deutschen Innenminister Schily darauf verständigt, ein kurzfristiges Treffen der Innenminister jener Staaten, die von Ausschreitungen und Gewaltakten betroffen waren, einzuberufen.

Ziel dieses Treffens, das am Dienstag in Bonn stattfand, waren der Meinungsaustausch über die aktuelle Gefährdungslage in den einzelnen Staaten, ein Austausch der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden und die Abstimmung kommender polizeilicher Maßnahmen sowie die Intensivierung des Informationsaustausches.

Es ist wichtig, daß Gewalttäter damit rechnen müssen, daß die europäischen Staaten abgestimmte Polizeioperationen gegen sie jederzeit vornehmen. Alle anwesenden Ministerkollegen waren sich bei diesem wichtigen Gespräch einig, daß trotz der vorläufigen Beruhigung der Situation auch weiterhin mit europaweiten Protestaktionen zu rechnen ist. Ich hoffe, daß dieses Treffen dazu beigetragen hat, daß künftigen Aktionen durch raschere politische und behördliche Kontaktnahme begegnet werden kann.

Hohes Haus! Unsere Verantwortung für Österreich und Europa beinhaltet aber auch den Aufruf zur Mäßigung, zum Gewaltverzicht und zur Einhaltung der Menschenrechte durch alle Konfliktparteien. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Wir müssen deshalb an die Verantwortlichen in der Türkei appellieren, Abdullah Öcalan einen fairen, den europäischen rechtsstaatlichen Normen entsprechenden Prozeß vor einem unabhängigen Gericht zu garantieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die türkischen Behörden wurden und werden aufgefordert, internationale Beobachter zu diesem Prozeß zuzulassen. Weiters erwartet die Europäische Union, daß Abdullah Öcalan von den türkischen Behörden korrekt behandelt und seine physische Unversehrtheit garantiert wird. Darüber hinaus müssen wir fordern, daß die Türkei generell die Todesstrafe abschafft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang gebe ich auch zu bedenken, daß die mediale Inszenierung durch die Türkei rund um die Verhaftung und die Vorbereitung der Gerichtsverhandlung gegen Öcalan nicht zur Beruhigung der Lage beiträgt, sondern von den Kurden als Provokation empfunden wird und den Nährboden für weitere Gewalttaten legen kann. Deshalb muß man die Türkei im Dialog davon überzeugen, daß eine offenere Haltung zur politischen Lösung der Kurdenfrage die Respektierung der territorialen Integrität sowie die Verurteilung des Terrorismus nicht in Frage stellt. Die Bestrebungen der Kurden in der Türkei, ihre kulturelle Identität frei zu artikulieren, ihre Sprache vor Gerichten und Verwaltungsbehörden zu verwenden und in ihrer Sprache Schulunterricht abzuhalten, erscheinen mir absolut richtig und legitim. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Als Innenminister habe ich die Aufgabe, die Sicherheit in Österreich bestmöglich zu garantieren. Der Umgang meiner Behörden mit den Ereignissen der letzten Woche hat gezeigt, daß wir die Aufrechterhaltung der Sicherheit in Österreich bisher durchgehend erfolgreich gewährleistet haben. Ich bekenne mich bei der Vorgangsweise der Sicherheitsbehörden mit den in Österreich agierenden Kurden zu einem Weg der Mitte. Ich bin mir jedoch auch bewußt, daß dieser Weg Risiko in sich bergen kann. Es wird sich erst mittelfristig weisen, ob dieser bisher erfolgreiche Zugang auch in Zukunft fortgesetzt werden kann.

Es muß uns aber auch bewußt sein, daß die Entwicklung der Auseinandersetzung in Österreich direkt von internationalen Zusammenhängen abhängig ist. Die Konflikte in den Staaten der Welt haben direkte Auswirkungen auf Österreich, sei es nun durch Flüchtlinge, die um Asyl ansuchen, sei es durch Gruppierungen, die den politischen Konflikt in ihren Herkunftsländern in Europa austragen wollen. Es ist nachvollziehbar, daß ausländische Mitbürger weiterhin ihre Meinung zu den politischen Vorgängen in ihrer ehemaligen Heimat vertreten, weiterhin Kontakt


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