Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 28

kann der Türkei auf der einen Seite keine Ratschläge geben, wenn man auf der anderen Seite mit Terroristen beste Beziehungen pflegt. Wenn Sie sich von Terroristen distanzieren, dann können Sie der Türkei auch sagen, wie eine vernünftige Minderheitenpolitik auszusehen hätte, was betreffend Kurden notwendig wäre, weil dieses Volk nämlich seit Jahrzehnten aufgrund der willkürlichen Teilung des Landes durch die Siegermächte des Ersten Weltkrieges zu leiden hat. Das Selbstbestimmungsrecht der Kurden ist unzweifelhaft (Abg. Dr. Kostelka: Was ist mit der Redezeit?), aber bitte nicht mit Terroristen durchzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

11.20

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Zusammenfassung der Tagesordnungspunkte 2 bis 4, vor allen Dingen die Aktualität der Kurdenproteste in Österreich und die damit zusammenhängende Erklärung des Herrn Bundesministers für Inneres bringen diesen Teil der Sicherheitsdebatte ein wenig durcheinander. Es ist daher sicherlich nicht möglich, in der bisher üblichen, geordneten Form über einen sehr erfolgreichen Bericht, nämlich den Sicherheitsbericht, zu diskutieren, ohne nicht auch zu anderen Themen einige Bemerkungen machen zu müssen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen dem Herrn Bundesminister wirklich Respekt für den Bericht zollen, den er dem Parlament vorgelegt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich schließe in diesen Respekt und in diese Anerkennung auch die Arbeit der Exekutive mit ein, die in den letzten Tagen vor einer schwierigen Situation gestanden ist und bravourös das Problem der Besetzungen der Botschaften in Österreich gelöst hat, und zwar gewalt- und konfliktfrei gelöst hat. Dafür meine Anerkennung, Herr Bundesminister! Meine Anerkennung aber auch allen Beamten, die im Einsatz gestanden sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Khol und Kiss.)

Von unserer Fraktion wird Herr Kollege Peter Schieder noch sehr ausführlich zu der Materie der Kurdenprobleme, der PKK und dergleichen im internationalen Zusammenhang sprechen.

Aber, meine Damen und Herren, was mir während der Erklärung des Herrn Bundesministers auch aufgefallen ist und was mir zu denken gibt, war das Verhalten der freiheitlichen Fraktion. Als der Herr Bundesminister etwa die Passage vorgelesen hat, daß er wirklich froh darüber sei, daß diese Probleme konflikt- und gewaltfrei gelöst werden konnten, gab es Applaus von vier Fraktionen, jedoch keine Regung bei den Blauen. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie den Brandanschlag vergessen? Das war doch nicht ...!) Keine Regung bei den Blauen!

Als der Herr Bundesminister davon gesprochen hat, daß die Lösung dieser Probleme nach dem rechtsstaatlichen Prinzip Österreichs erfolgen sollte, gab es Beifall bei vier Fraktionen, jedoch keine Regung bei den Freiheitlichen. (Abg. Dr. Ofner: Frag deine Genossen in Graz!) Meine Damen und Herren! Das gibt zu denken, und ich weiß auch, warum Sie hier keinen Beifall spenden.

Wenn nämlich eine Partei wie die Freiheitliche Partei zur Umsetzung ihrer politischen Ziele auch Gewalt anwendet (Abg. Dr. Ofner: Was? – Abg. Madl: Was?), wie sie es beim Volksbegehren "Österreich zuerst" getan hat – hier sitzt eine Kronzeugin –, gibt das zu denken. Auf die Bemerkung "Wenn wir das so durchführen, kommt es zweifellos zu gewalttätigen Auseinandersetzungen" hat Ihr Parteiobmann gesagt: Mit dem rechnen wir, aber da müssen wir durch. (Abg. Mag. Stadler: So ein Blödsinn! So ein Schwachsinn, was Sie verzapfen! Setzen Sie sich!) Wer solche Vorgangsweisen zur Umsetzung der politischen Ziele anstrebt, kann hier nicht davon sprechen, demokratisch vorzugehen. Der kann auch nicht Beifall spenden, wenn von gewaltfreiem Agieren in dieser Bundesregierung die Rede ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)


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