Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 31

Vielmehr ist anzunehmen, daß Herr Leikam diese Äußerung deshalb gemacht hat, weil ihm in Kärnten die Felle davonschwimmen, und überdies vermute ich, daß er betrunken sein dürfte, weil sonst könnte er nie zu einer solchen Äußerung kommen. (Abg. Mag. Stadler: Jawohl! – Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Karlsson: Der Stadler hat gesagt, ...! – Abg. Mag. Stadler: Ich nehme den "Schwachsinn" zurück angesichts dieser Äußerung!)

11.31

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, ich sage zu Ihnen "Herr Außenminister", weil ich glaube, daß Sie heute im falschen Körper erschienen sind. Das Kurdenproblem und die Türkei sind grundsätzlich eine außenpolitische Materie, daher hätten wir uns gewünscht, daß der Herr Außenminister vor dem Hohen Haus eine Stellungnahme abgibt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es ist wohl wahr, daß es manche Vorkommnisse in Österreich gegeben hat, aber das Problem können wir nur lösen, indem wir international tätig sind – und zwar nicht nur auf Ebene der Innenminister, sondern insbesondere auf Ebene der Außenminister, der Regierungsverantwortlichen und der Justizminister. Daher glaube ich, daß für die Abgabe einer Erklärung die Wahl deswegen auf Sie, Herr Minister Schlögl, gefallen ist, weil gestern ein schwarzer Minister eine Ministererklärung abgegeben hat, und deshalb war es nicht möglich, heute noch einen schwarzen Minister zu bitten, eine Erklärung abzugeben – es mußte ein roter sein! Aber ich frage mich, ob Sie damit der Seriosität dieser Angelegenheit gerecht werden.

Es ist ungeheuerlich, daß wir bis heute mit dem Herrn Außenminister nicht über dieses Problem sprechen konnten. Ich bedauere es zutiefst, daß man keine Koordinierung mit dem Parlament sucht, denn wir sind alle bestrebt und daran interessiert, daß das Problem der Kurden in der Türkei gelöst wird.

Dazu gehören eine Einstellung aller militärischen Operationen in kurdischen Gebieten, die Ermöglichung der Rückkehr der vertriebenen Menschen in ihre Dörfer – es ist dies ein grundsätzliches Anliegen, für das wir kämpfen sollten –, eine Diskussion über die Gewährung der Autonomie für die kurdischen Gebiete unter Wahrung der türkischen Grenzen, die Gewährung der demokratischen Rechte nicht nur für Türkinnen und Türken, sondern auch für Kurdinnen und Kurden, die offizielle Anerkennung der kurdischen Minderheit, ihrer Sprache und ihrer Kultur sowie – natürlich – die Einführung von Religionsfreiheit und Pluralismus. Das sollten wir im Hohen Haus politisch unterstützen, und das mit dem notwendigen Nachdruck zu bearbeiten sind Sie, Herr Innenminister – mit Verlaub –, mit Ihrem Ressort nicht in der Lage.

Österreich sollte unserer Meinung nach international tätig werden, und zwar nicht nur mit der Forderung, daß ein fairer Prozeß garantiert werden sollte. Weiters sollte von allen europäischen Ländern verlangt werden, daß der Prozeß des Herrn Öcalan – selbstverständlich! – unter internationaler Beobachtung zu stehen hat, denn immerhin haben wir alle mit allfälligen Konsequenzen zu rechnen, und es sollte außerdem selbstverständlich sein, daß jene in der Türkei akkreditierten Rechtsanwälte, die von Herrn Öcalan oder von seiner Familie bestimmt werden, freien Zugang zu ihm haben, sodaß Einvernahmen ohne Beistand eines Rechtsanwaltes, wie das in der türkischen Praxis möglich ist, und zwar nicht nur fünf Tage, sondern eventuell bis zu drei Wochen, verhindert werden.

Wir wissen bereits, daß Herr Öcalan unter anderem nach Artikel 125 angeklagt wird – das geschah auch einer parlamentarischen Kollegin von uns allen: Leyla Zana. Ich habe Leyla Zana in Ankara im Gefängnis besucht, weil ich der Meinung bin, daß es intolerabel ist, daß Abgeordnetenkollegen wegen fadenscheiniger Argumente über sieben Jahre lang eingesperrt werden. Ich hätte mir gewünscht, daß es eine ordentliche Solidarität mit ihr gibt. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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