Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 32

Wir hätten es meiner Überzeugung nach in der Hand gehabt, einen Ad-hoc-Gerichtshof zu installieren – wie das für Jugoslawien geschehen ist –, durch den das Problem einfach von den betroffenen Gebieten auf eine internationale Ebene gezogen hätte werden können. Und dann wäre, so glaube ich, eher Fairneß gewahrt worden. Das haben wir jedoch versäumt: Das zu ermöglichen hat Italien versäumt, das hat Deutschland versäumt, und das hat auch die EU-Präsidentschaft, die Österreich damals innehatte, versäumt! (Beifall beim Liberalen Forum.) Das war für jene Kurdinnen und Kurden, die nicht terroristisch aktiv sind, sondern einfach nur ihre Rechte einfordern, ein großes Versäumnis während der österreichischen Präsidentschaft, das nicht zu verzeihen ist.

Wir sollten meiner Ansicht nach auch Gespräche auf internationaler Ebene führen, um zu sondieren, ob nicht auf längere Sicht eine Friedenskonferenz zustande gebracht werden könnte. Im Moment werden sich die betroffenen Gruppierungen natürlich nicht an einen Tisch setzen, aber ich glaube – und das wäre wieder eine Aufgabe des Außenministers –, daß solche Sondierungsgespräche geführt werden sollten, um eine Friedenskonferenz in die Wege zu leiten, die Frieden in dieser Region ermöglichen würde.

Es war mir unverständlich, warum der Europäische Rat erst zwölf Stunden nach den ersten Botschaftsbesetzungen in Europa zu einer gemeinsamen Sprachregelung gefunden hat. Für die immer wieder beschworene Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist es ein Armutszeugnis, daß es erst nach zwölf Stunden möglich war, darauf zu reagieren. Ich glaube, daß diesbezüglich viel nachzubessern ist und außerdem in solch einem Moment der Herr Außenminister gefragt ist und nicht Sie, Herr Innenminister. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Bedanken möchte ich mich jedoch bei den Beamten der Exekutive und bei der Feuerwehr, sie waren ruhige und besonnene Partner in der Diskussion und im Dialog mit den Botschaftsbesetzern. Es ist gelungen, eine Eskalation in Österreich zu verhindern. Über die Anmaßung aber, daß der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit oder gar Herr Kollege Pilz die Besetzungen in Österreich von sich aus beendet haben, muß ich mich wundern, denn das würde bedeuten, daß Herr Sika so viel Macht und Kompetenz hat, daß er die Botschaftsbesetzungen innerhalb von einer Viertelstunde in fast ganz Europa zu Ende bringen konnte, und diese Kompetenz traue ich ihm – mit Verlaub – nicht zu. Die Aktionen waren international koordiniert, denn ihre Beendigung ist innerhalb von einer Viertelstunde über die Bühne gegangen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Man kann also nicht wirklich behaupten, daß wir die Weisheit gepachtet haben, sondern die Besonnenheit von jenen Leuten, die plötzlich gemerkt haben, daß die Operationen, die sie in Europa eingeleitet haben, ihrem Anliegen eigentlich schaden und sich ihre Verbündeten dadurch alle gegen sie wenden, hat dazu geführt, daß die Aktionen abgebrochen wurden.

Geiselnahmen und Besetzungen sind Mittel, die nicht dazu geeignet sind, einem Volk wirklich zu seinen Rechten zu verhelfen. Wir brauchen andere Methoden! Jugendliche zu radikalisieren, damit sie sich selbst anzünden und dann als Helden gefeiert werden, ist auch nicht die richtige Methode, die angewendet werden sollte, sondern – im Gegenteil! – eine ungemein gefährliche Methode.

Wir wollen die demokratisch Gesinnten innerhalb der kurdischen Bevölkerung als Verbündete, mit diesen können wir jene Ziele erreichen, die sie gefordert haben, nämlich daß die Kurden innerhalb der Türkei in Frieden und Freiheit leben und ihre Sprache frei verwenden können. Mit diesen demokratischen Kräften suchen wir eine Allianz. Und wir in diesem Haus sollten danach trachten, daß der Herr Außenminister dafür zur Verfügung steht und nicht nur Sie, Herr Innenminister. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 13 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Die lieben Landsleute!)

11.40

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In Absprache mit meinen ÖVP-Kollegen im Innenausschuß, die diese umfangreiche The


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