Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 65

Türkei, aber auch im Irak, im Iran und in den anderen Ländern, in denen es noch kurdische Minderheiten gibt, Bescheid weiß.

Ich will aus dem Kurdenproblem nicht nur ein Problem der Türkei machen. Es ist vielschichtiger, das ist mir schon klar. Aber so zu tun, als ob wir hier tatsächlich nur für die Österreicher, die hier in diesem Land leben, Sicherheit zu schaffen hätten (Abg. Jung: Für die Österreicher zuerst!), als ob eine Trennung von Innenpolitik und Außenpolitik möglich wäre, das ist falsch!

Wir brauchen – und das ist das Problem, das wir haben – eine Koordination zwischen der Innen- und Außenpolitik. Und das, was wir eingefordert haben, war, daß auf diesen beiden Ebenen der Innen- und der Außenpolitik die Politik des Dialogs, der Öffnung und auch des Verständnisses für die Probleme dieser Gruppierungen, forciert wird, vor allem in der Außenpolitik ihre Fortsetzung findet! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Heute ist aber der Innenminister da, nicht der Außenminister!)

Was wir aber erleben, ist eher die umgekehrte Tendenz, und das ist meine leichte Kritik an der Position des Herrn Bundesministers: daß nämlich die Haltung der europäischen Außenpolitik, aber auch die Haltung einiger anderer europäischer Innenminister – und zwar die harte Politik gegenüber den Kurden, weil da auch wirtschaftliche Interessen von bestimmten Ländern im Spiel sind – auf Österreich überzuschwappen droht. Und davor möchte ich warnen.

Sie von den Freiheitlichen sind mit Ihrer scharfmacherischen Politik genau diejenigen, die den Herrn Innenminister in diese Ecke drängen wollen! (Abg. Jung: Wer ist der Scharfmacher?! – Abg. Scheibner: Schily! Was ist mit dem Schily?!) Wenn etwa Ihr Abgeordneter Holger Bauer meint – er hat es in einem Zwischenruf gesagt –, man solle die Kurden dorthin abschieben, wo sie hergekommen sind, dann ist das nicht nur zynisch, ungeheuerlich und menschenverachtend, sondern es widerspricht auch der Europäischen Menschenrechtskonvention. (Abg. Scheibner: Das sind nicht nur Flüchtlinge!)

Es widerspricht in jeder Hinsicht der Menschenrechtskonvention, daß man Personen, die in einem Land verfolgt werden und von Verfolgung bedroht sind, die in diesem Land teilweise mit der Todesstrafe bedroht sind, in genau dieses Land abschiebt! (Abg. Jung: Das sind nicht nur Verfolgte! – Abg. Scheibner: Das sind Zuwanderer, die schon jahrelang da sind!) Das sind Grundsätze, bei denen ich mir sicher bin, daß sie fast alle in diesem Land und in diesem Haus hier einen! Nur mit Ihnen von den Freiheitlichen haben wir diese Gemeinsamkeit nicht. Das ist das Problem, das wir in dieser Debatte mit Ihnen haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Innenminister Schily, von dem stammt der Ausdruck!  Abg. Scheibner: War Schily nicht einmal ein Grüner?!)

Das ist ein grundlegendes Problem. Sie sollten sich – wenn Sie schon Schwierigkeiten haben, diese Menschenrechtskonventionen anzuerkennen – wenigstens einmal dazu durchringen, zu akzeptieren, daß diese Menschenrechtskonventionen trotzdem auch unseren Rechtsbestand bilden und daß wir sie zu erfüllen haben. Die meisten Menschen haben, unabhängig davon, wie ausländerfreundlich oder ausländerfeindlich sie sind, ein sehr gutes Gespür dafür, daß Menschen, die verfolgt sind, verfolgt werden, vom Tod bedroht sind – und das sind die Kurden in der Türkei –, hier in Österreich eine entsprechende Unterstützung finden müssen. (Abg. Jung: Hier sind Menschen mit dem Tod bedroht!)

Sie von den Freiheitlichen sollten auch akzeptieren, was ebenfalls eine Tatsache ist, daß wir nämlich in diesem Punkt auch insofern ein österreichisches "Problem" – Problem unter Anführungszeichen – haben, als nämlich viele dieser Kurden, Gott sei Dank, auch österreichische Staatsbürger sind. (Abg. Jung: Mit mangelnder Loyalität gegenüber Österreich!) Sie sind österreichische Staatsbürger. Wir haben daher auch die Verpflichtung – genauso, wie wir das bei den Südtirolern hatten –, hier bestimmte Interessen, die ihre Interessen und auch unsere sind, auf einer anderen Ebene gemeinsam zu vertreten.

Es geht um Menschenrechte, Herr Abgeordneter Jung, und diese sind unteilbar – ganz egal, ob es um Kurdistan geht oder um österreichische Menschenrechte! (Abg. Scheibner: Das höre ich


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