Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 81

1996 die Aufwendungen für Arbeitslosengeld-BezieherInnen (= Kurzzeitarbeitslose) deutlich überschritten.

Betrachtet man den Bundestrend, so zeigt sich eine ähnliche, wenngleich etwas verspätet eintretende Entwicklung: Hat die Zahl der Notstandshilfe-BezieherInnen bis 1994 weit weniger als die Hälfte ausgemacht (1990: 44 118 NH-BezieherInnen; 97 912 AL-Geld-BezieherInnen), so dürfte sich heuer deren Zahl beinahe angleichen: Die letzten verfügbaren Zahlen (Oktober 1998) zeigen, daß zu diesem Zeitpunkt 106 369 BezieherInnen von Arbeitslosengeld bereits 91 471 Notstandshilfe-BezieherInnen gegenüberstanden.

Es ist leider schon beinahe überflüssig festzustellen, daß von der negativen Entwicklung überwiegend Frauen betroffen sind: So lag der Zuwachs bei den Frauen-Arbeitslosenraten kontinuierlich zwischen 2 und 3 Prozent über dem der Männer; Frauen weisen außerdem eine um ein Drittel längere Arbeitslosigkeitsdauer auf. Verschlechtert werden die schwierigen Bedingungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt durch die rückwärtsgewandte Politik der ÖVP-Konservativen, die unter dem Deckmantel ‚Karenzgeld für alle‘ in Wirklichkeit Frauen aus dem Arbeitsmarkt möglichst eliminieren wollen – eine Politik, die in ihrer Unaufrichtigkeit nur noch von den sogenannten Beschäftigungsprogrammen des Bundeskanzlers und seiner Sozialministerin übertroffen wird.

Der rapide Anstieg der Langzeitarbeitslosen binnen weniger Jahre um mehr als 100 Prozent beweist vor allem, daß weder Regierung noch AMS imstande sind, das Phänomen steigender und bleibender (dauerhafter) Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Dabei manifestiert sich das Versäumnis der Regierung unter dem ‚Beschäftigungskanzler‘ Viktor Klima in zwei Schwerpunkten: im Versagen bei einer Reform des AMS sowie in jenen, nur mehr als virtuell zu bezeichnenden ‚beschäftigungspolitischen‘ Maßnahmen, wie sie zuletzt im Ausseer Punkteprogramm erneut vorgeführt wurden.

1. Untätigkeit bei der Reform des AMS:

Im Jahre 1994 wurde die damalige Arbeitsmarktverwaltung in Arbeitsmarktservice umbenannt und als solches aus der unmittelbaren Verwaltung des Arbeits- und Sozialministeriums ausgegliedert. An die Stelle der Ministerialbürokratie trat eine ausgeklügelt sozialpartnerschaftlich besetzte Verwaltungseinheit, in der sich heute der Proporz bis in die kleinsten regionalen Geschäftsstellen hinunterzieht. Die Kompetenz der zuständigen Bundesministerin Lore Hostasch beschränkt sich ausschließlich auf ihre Tätigkeit als Aufsichtsbehörde, was bedeutet, daß das AMS in den Händen von demokratisch nicht legitimierten Kammer- und Gewerkschaftsfunktionären ruht und weitgehend der parlamentarischen Kontrolle durch den Nationalrat entzogen ist.

Dies meint auch der Bericht der schweizerischen Consultinggruppe ‚Focus‘, wenn er lapidar feststellt, daß das AMS ‚nach wie vor stark dem politischen Einfluß unterliegt‘ (‚Management Summary (1)‘). Im folgenden werden in der Analyse grob die folgenden ‚nachhaltigen Schwächen‘ skizziert:

Ineffiziente Doppelgleisigkeiten zwischen AMS-Bundes- und -Landesebene.

Projekt- und Themenduplizität: Statt Konzentration auf das Beratungs- und Vermittlungsservice werden gleichartige Themen von unterschiedlichen Stellen gleichzeitig behandelt.

Überdimensionierung und Bindung der personellen Kapazität bei Steuerungsaufgaben.

Fehlende Koordination bei der Umsetzung der Projekte.

Auftretende Über- und Unterkapazitäten vor Ort aufgrund des Fehlens eines dynamischen Verteilungsschlüssels.


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