Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 86

lich zeichnen. In dieser Situation verblieb der Verfassungsgerichtshof in jüngster Zeit als einzige Instanz, um den panikartigen und unbedachten Gesetzeswerken der Koalitionsregierung einen Riegel vorzuschieben (Teilaufhebung der Werkvertragsregelung, Aufhebung der Notstandshilfe-Regelung für AusländerInnen – in beiden Fällen sind allerdings neuerliche Verfahren beim Verfassungsgerichtshof wegen Gleichheits- und Verfassungswidrigkeit anhängig).

In diesem nach Ansicht der liberalen Abgeordneten demokratiepolitisch gefährlichen Spiel mit hohen Erwartungshaltungen in der Bevölkerung hat die Sozialministerin eine entscheidende Rolle gespielt. Im Gegensatz zu der bisher geschätzten Bemühung Frau Hostaschs, im schwierigen Spagat zwischen sozialpartnerschaftlichen Partikularinteressen und den von wenig sozialer und wirtschaftlicher Kompetenz getragenen Vorschlägen des kleinen Koalitionspartners ÖVP wenigstens einige sinnvolle Akzente zu setzen, hat die Bundesministerin in den vergangenen Monaten versagt, dem populistischen Aktionismus des Bundeskanzlers einen von Kompetenz und Augenmaß getragenen, fachgerechten Widerstand entgegenzusetzen.

Weiters und vielmehr zeigen die Vorgänge rund um die Reorganisation des AMS, insbesondere des Wiener AMS, daß die Bundesministerin im Machtstreit zwischen Strukturreform und gewerkschaftlichen Interessen ihre Funktion als oberstes Aufsichtsorgan nicht wahrgenommen hat, wenn nicht sogar der Blockade seitens der Fachgewerkschaften durch das Anheizen einer Personaldebatte Vorschub geleistet hat. In dieser Situation und angesichts der weiterhin besorgniserregenden Arbeitsmarktbefunde stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehende

Dringliche Anfrage

1. Wieweit sehen Sie sich noch imstande, Ihrer Position als oberstes Aufsichtsorgan des AMS gerecht zu werden, nachdem Sie im vergangenen November die Ablöse Klaus Werners durch Herbert Buchinger angekündigt hatten und diese Ankündigung wieder zurücknehmen mußten, nachdem der in Ihrem Ressort angesiedelte Verwaltungsrat ‚jetzt personellen Veränderungen nicht Vorrang‘ eingeräumt hatte, und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

2. Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit des Landesgeschäftsführers des AMS Wien beziehungsweise halten Sie diese für geeignet, das zumindest auf dem Papier beschlossene Reorganisationsprogramm für das AMS Wien durchzuführen?

3. Welches Gewicht und welche Bedeutung hat es für Sie als oberstes Aufsichtsorgan des AMS, wenn der Wiener Landeshauptmann die ‚sofortige Ablösung‘ des Wiener AMS-Landesgeschäftsführers fordert – zwei Tage nach dessen Bestätigung durch den in Ihrem Ressort angesiedelten Verwaltungsrat?

4. Welches Gewicht und welche Bedeutung hat es für Sie als oberstes Aufsichtsorgan des AMS und als Regierungsmitglied, wenn ihr Regierungskollege Wolfgang Schüssel das AMS als ‚Altorganisation‘ bezeichnet, der Klubobmann Ihres Koalitionspartners Andreas Khol das AMS als ‚Spielball sozialistischer und gewerkschaftlicher Interessen‘ charakterisiert und Sie auffordert, ‚Ordnung zu schaffen‘? Teilen Sie die Ansicht Khols, daß im Wiener AMS arbeitsunfähige und -unwillige Langzeitarbeitslose‘ vorsätzlich im Versichertenkreis der Notstandshilfe-BezieherInnen gehalten würden?

5. Wie stehen Sie zu den oftmals geäußerten Überlegungen des Liberalen Forums nach einer Ausgliederung der Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung und deren Umwandlung in eine grundsicherungsförmige ‚Bundessozialhilfe‘ – durchaus ergänzt durch die bestehenden Landessozialhilfen?

6. Laut Beschlußantrag für die Reform des AMS Wien, eingebracht in der Landesdirektoriumssitzung am 26. Jänner 1999, stellt die Dezentralisierung des AMS nur einen ersten Schritt zur Kundenorientierung des AMS dar. Weshalb wurden derartige Maßnahmen nicht schon früher gesetzt, nachdem eine Reihe von Vorschlägen aus Ihrem Hause und dem AMS bereits vorgelegen sind?


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