Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 91

eine Förderung für einen älteren Mitarbeiter ergattern, wenn sie noch nicht einmal wissen, wie sie die Hindernisse überwinden sollen, damit sie überhaupt ein Unternehmen gründen können?

Oder: Wenn Sie meinen, Sie können das Abfertigungsproblem, ein echtes Problem, das wir seriös diskutieren sollten, dadurch erleichtern, daß Sie, statt die Abfertigungsansprüche sprungweise steigen zu lassen, diese linear steigen lassen, dann sage ich Ihnen: Das ist keine wirklich fundierte Reformidee. Es ist dasselbe Problem wie vorher. Es ist letztlich vorenthaltener Lohn, der, wenn Sie jemanden längere Zeit behalten, letztlich dazu führt, daß Sie möglicherweise die Abfertigung nicht mehr darstellen können. Sie haben damit nur eines vermieden: daß zu bestimmten Stichtagen häufiger gekündigt wird als zu anderen Stichtagen, nämlich unter Umständen knapp vor Erreichung eines höheren Anspruches. Aber vom Prinzip her haben Sie nichts geändert.

Und wenn Sie plötzlich die Kurzarbeitszeitbeihilfe für ältere Mitarbeiter entdeckten, dann frage ich Sie: Was ist das anderes als eine Lohnsubventionierung, die Sie ja im übrigen sonst zu Recht von sich weisen? Aber sich dem Gedanken einer Grundsicherung auch nur anzunähern, verweigern Sie, weil Sie der Meinung sind, das bestehende System würde ohnehin genügen.

Das zu dem, was heute aktuell auf den Tisch gekommen ist, nämlich dieser "Pakt für ältere Arbeitnehmer". Er trägt die Handschrift des Strukturkonservativismus. Er hat keine Phantasie in sich, er hat keine Lösungsansätze in sich, und das ist schade, denn wir haben ein ernsthaftes Problem mit älteren Arbeitslosen, seit wir aufgehört haben, sie im bisherigen Ausmaß in der Frühpension zu verstecken. Die bisherigen historischen Erfolge, auf die Sie sich vielfach berufen, beruhen ja hauptsächlich auch darauf, daß Sie – durchaus auch zur Entlastung der Arbeitsmärkte, das räume ich Ihnen schon ein – sehr stark zu Lasten der öffentlichen Kassen, sehr stark auch zu Lasten der Menschen, die noch gar nicht in Pension gehen wollten, die lieber noch gearbeitet hätten, und daher auch sehr stark zu Lasten der Steuerzahler viele, viele Arbeitslose versteckt haben, indem Sie sie zu Frühpensionisten gemacht haben.

Wenn man die Statistik bereinigt – wir haben auf Seite 2 eine entsprechende Tabelle angeführt –, kommt man drauf, daß wir nicht 7,1 Prozent, sondern in Wirklichkeit 10,3 Prozent Arbeitslosigkeit in diesem Land haben, weil 3,2 Prozent der Menschen in unterschiedliche Maßnahmen versteckt sind beziehungsweise einfach anders genannt werden als Arbeitslose, obwohl sie Arbeitslose sind.

Das bietet mir die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß uns hier ein schriftlicher Ausfertigungsfehler unterlaufen ist. Auf Seite 2 steht an einer Stelle: 10,3 Prozent, aber es müßt dort heißen: 10,2 Prozent. Ich erwähne das nur, damit das nicht zu Mißverständnissen führt.

Das ist der Befund. Vor diesem Hintergrund haben wir seit Jahr und Tag Kritik geübt. Wir haben Strukturkritik geübt am AMS. Wir haben kritisiert, daß die Ausgliederung nicht gelungen ist, daß der Ausgliederungsschritt, der ein Schritt der Entpolitisierung hätte sein können und sollen und müssen, ein Schritt der vollkommenen Verpolitisierung des AMS war, nämlich der Verpolitisierung durch sozialpartnerschaftliche Gremien, die außerdem noch den Nachteil haben, daß sie sich der parlamentarischen Kontrolle entziehen. Ich meine, so hilfreich das Gespräch unter Sozialpartnern ist, so gefährlich ist es, wenn Sie Sozialpartnern in Organen paritätische Mandate geben, die dazu führen, daß zwangsläufig eigentlich nur mehr einstimmige Beschlüsse möglich sind, denn wenn sich zwei gleich Starke gegenüberstehen, können sie sich nur mehr auf einstimmige Beschlüsse einigen, und das führt zwangsläufig zum Paktieren. Es ist nicht die Bosheit der Menschen, die zum Paktieren führt, sondern die Zwangsläufigkeit der Mechanismen, die Sie eingebaut haben.

Diese Kritik haben Sie von uns seit Jahr und Tag gehört, und wenn Sie dann in der Studie aus St. Gallen lesen müssen, daß die Verpolitisierung des AMS-Bereiches eines der zentralen Probleme ist, Sie aber gleichzeitig immer wieder betonen, Frau Bundesministerin, daß Sie jetzt keinen wirklichen politischen Einfluß mehr haben, dann sage ich Ihnen, das ist halb die Wahrheit und halb nicht. Natürlich haben Sie den politischen Einfluß als Bundesministerin verloren, weil


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