Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 104

der Lehrlingsausbildung gemacht. Sie haben da und dort Reförmchen angesetzt, aber Sie haben die Lehre noch immer nicht zur gleichberechtigten Ausbildung in der sekundären Bildungsstufe gemacht. Sie diskriminieren nach wie vor Lehrlinge und schütten diesen Bereich mit Geld zu! Und genauso gehen Sie in bezug auf die Arbeitslosigkeit vor! Sie bekämpfen die Arbeitslosigkeit nicht an den Wurzeln, dort, wo sie wirklich entsteht, sondern – das konzediere ich Ihnen – Sie entwickeln zwar sehr bemüht Budgets und bringen Geld auf, um die schlimmsten Auswirkungen dieser Arbeitslosigkeit letztlich abzufedern, aber immer nur auf ganz kurze Zeit. Sie schieben einen Berg vor sich her – ich unterstelle Ihnen jetzt gar nicht, daß Sie diesen bis zur nächsten Wahl vor sich herschieben, das wäre mir zu billig – und wissen ganz genau, daß das Problem nach einem Jahr größer und nicht kleiner ist.

Frau Bundesminister! Sie haben die tatsächliche Arbeitslosigkeit in Österreich in Frage gestellt. – Ich will mich jetzt mit Ihnen nicht über ILO-Statistiken streiten. Ich will Ihnen nur folgendes sagen: Sie müssen doch soviel Fähigkeit zur Selbstkritik haben, daß Ihnen klar ist, daß die Zahl von über 200 000 Frühpensionisten in Österreich – wir haben in Österreich das niedrigste Pensionsantrittsalter aller EU-Staaten! – nichts anderes bedeutet als ein Verschieben der Arbeitslosigkeit auf die Pensionsversicherung. Wenn dem nicht so wäre, dann würden Sie ja nicht bereits im Jahr 1998/99 7 Milliarden Schilling an Arbeitslosenversicherungsbeiträgen an die Pensionsversicherung überweisen! Das ist doch der schlagende Beweis dafür! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wissen Sie denn nicht – aber Sie wissen es natürlich! –, daß Sie damit nur Statistiken des Jahres 1999 schönen, Menschen, die keine Arbeit mehr finden, in der Pensionsversicherung parken und damit die Pensionsversicherung nachhaltig der Unfinanzierbarkeit aussetzen? Sie kennen doch die demographischen Zahlen! – Ich weiß nicht, warum Sie so wenig Kraft zur Selbstkritik haben, sich selbst zu hinterfragen und die – wie ich meine – von Herrn Kier sehr wohlmeinend und sehr fundiert vorgebrachten Kritikelemente auch zu würdigen!

Es wird in Zukunft nicht genügen, das Arbeitsmarktservice auszugliedern, meine Damen und Herren! Wenn Sie etwas ausgliedern und keinen neuen Markt schaffen, dann schaffen Sie einen neuen Monopolisten. Diesen Monopolisten entziehen Sie durch die Ausgliederung der Kontrolle des Parlaments. Sie entziehen diesen Monopolisten Arbeitsmarktservice weitgehend Ihrer Kontrolle und übergeben ihn der Kontrolle der Sozialpartner, die dort nebeneinander sitzen: ein Schwarzer, ein Roter, ein Schwarzer, ein Roter. Und wenn Sie die Stirn haben, uns zu sagen: Bei der Besetzung geht es nur um Qualifikation, dann haben Sie auch die Stirn und sagen uns: Die Qualifikation, um Geschäftsführer im AMS in einem Land zu werden, heißt Mitgliedschaft a) bei der Gewerkschaft und b) bei Rot oder Schwarz! Frau Bundesminister! Warum sagen Sie das nicht? Sagen Sie es doch ganz klar heraus, daß das die Qualifikation ist, die Sie meinen!

Es wird kein anderer außer ein Roter oder ein Schwarzer. Es wird kein anderer, der nicht Mitglied bei der Gewerkschaft ist, Geschäftsführer! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nicht blablabla sagen, Herr Kollege! Denn jetzt treffe ich Sie nämlich genau an dem Punkt, wo Sie nämlich pharisäerisch immer das Gegenteil von dem behaupten, was Sie tun! Das ist der Punkt! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, bitte! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Peter! Sei froh, daß du nicht mehr bei uns bist! Sonst hättest du jetzt schon einen Ordnungsruf! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Beschäftigung und zur Vermittlungstätigkeit. Frau Bundesminister! Ich kann Sie nur an ganz konkreten Zahlen messen und feststellen, daß Sie in Ihrer Vermittlungstätigkeit im Arbeitsmarktservice schlicht und ergreifend versagen! Wie soll ich es anders sagen? – Sie nehmen den Bereich des Tourismus sehr gern in den Mund, sprechen von Trittbrettfahrern und fügen die Bauwirtschaft noch hinzu. Nehmen wir die Zahlen zur Hand: Im Jahr 1992 gab es im August 12 888 arbeitslose Menschen im Tourismus. Das sind 12 888 zuviel, zu einer Zeit, in der ein riesengroßer Arbeitskräftemangel in dieser Branche geherrscht hat. Sie haben in einer Zeit, in der es die größte Beschäftigungsdichte gibt, knapp 13 000 Menschen in der Sockelarbeitslosig


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