Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 155

kann man sich vorstellen: Sie werden dorthin gehen, wo es die höchsten Sozialleistungen gibt oder die besten Möglichkeiten, zum Teil auch illegale Geschäfte zu machen.

Noch augenscheinlicher wird dieses Versagen des Schengener Abkommens aber am Fall Öcalan. Ich zitiere jetzt einige Punkte aus dem Artikel 18, aus den Zielen des Schengener Abkommens: Ausarbeitung von Vereinbarungen über polizeiliche Zusammenarbeit zur präventiven Verbrechensbekämpfung; Prüfung von Abkommen, um Schwierigkeiten bei der Auslieferung zu verhindern; Suche nach gemeinsamen Verbrechensbekämpfungsmöglichkeiten und Verbesserung der Kommunikation.

Herr Minister! Wie schaut es aus mit den Vereinbarungen über die präventive Verbrechensbekämpfung und Fahndung im Bereich des internationalen Terrors? Wo sind die Rechtshilfeabkommen zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei Auslieferungen? Gegen Herrn Öcalan bestand meines Wissens ein internationaler Haftbefehl der Bundesrepublik Deutschland. Wo lagen da die Probleme? Oder werden solche Haftbefehle im Schengen-Raum je nach Gutdünken mit Augenzwinkern zugestellt und wiederum zurückgezogen? – Diese Frage stellt sich hier eindeutig.

Wie schaut es aus mit der Suche nach gemeinsamen Mitteln zur Verbrechensbekämpfung? Wie hat die Kommunikation im Fall Öcalan geklappt, frage ich Sie. Herr Öcalan konnte Italien verlassen, ohne daß die anderen Staaten auch nur erfuhren, wohin. Ist Italien kein EU-Staat? Ist Italien kein Schengen-Mitglied, hat es nicht unterzeichnet? Wie schaut es aus mit der gemeinsamen Sicherheitspolitik?

Oder Griechenland. Tagelang befand sich ein gesuchter Terrorist unter der Obhut des griechischen Staates, und keiner der EU-Partner erfuhr davon, kein Schengen-Land wurde informiert!

Das Schengener Abkommen kann nur funktionieren, wenn sich alle daran halten, hat vorhin ein Kollege der ÖVP, Kollege Murauer, festgestellt. Es halten sich aber viele nicht daran, und daher funktioniert es nicht! Und daher werden wir der Erweiterung dieses Abkommens sicher nicht zustimmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Niemand hat davon erfahren. Die griechische Regierung hat es nicht der Mühe wert gefunden, Österreich, wo der griechische Präsident auf Staatsbesuch war, darüber zu informieren, daß eine De-facto-Übergabe an die Türken betrieben wurde und bevorstand. Ist das die Umgangsweise unter Vertragspartnern, meine Damen und Herren? Von "Freunden" will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.

Und was sind die Folgen? Wo bleibt der Druck auf Italien? Wo bleibt der Druck auf Griechenland? Wo sind die gemeinsamen Maßnahmen – auch in der Asylantenfrage und der Frage der Aufteilung von Asylanten? Wo ist die europäische Solidarität? – Solidarität sehen wir immer nur dann, wenn es darum geht, daß wir zahlen sollen, daß wir unsere Beiträge als Nettozahler hineinfließen lassen sollen. Wenn es um andere Bereiche geht, ist allen die Solidarität egal. Jeder ist sich dort selbst der Nächste, wir bleiben übrig und müssen die anderen mitfinanzieren. Auf diese EU, meine Damen und Herren, und auf dieses Abkommen von Schengen können wir verzichten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Moser. Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.40

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte, lieber Kollege Jung, auf dieses Europa, auf diese Europäische Integration nicht verzichten, weil ich glaube, daß diese Europäische Integration (Abg. Jung: "Diese" habe ich gesagt, nicht "die"!), die ein dynamischer Prozeß ist, daß diese Europäische Union, daß diese Europäische Integration, die ein dynamischer Prozeß ist, letztendlich allen unseren Bürgerinnen und Bürgern, den Europäern, unseren Menschen und dem Kontinent mehr Vorteile bringt als Nachteile.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite