Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 217

wissen die Abgeordneten dieses Hauses. (Beifall bei den Grünen sowie bei weiblichen Abgeordneten der SPÖ und des Liberalen Forums.)

Es kommt in diesem § 100 dann noch entsetzlicher, wenn nämlich im Abs. 2 Straffreiheit in Aussicht gestellt wird für den Fall, daß "ein an der Tat Beteiligter" die Entführte und Mißbrauchte heiratet. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist irgendwie fast ein Schluß – wenn es nicht so traurig wäre, weil es geltende Rechtslage ist – wie in einem ganz bösen und brutalen Märchen. Frau Bundesministerin! Ich denke auch, die österreichische Rechtsordnung wäre einmal unter diesem Aspekt zu sichten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Denken Sie oder glauben Sie?)

Herr Abgeordneter Bauer! Ich bin der Auffassung, ich kann denken. Ich bin mir bei allen Abgeordneten dieses Hauses aber nicht so ganz sicher. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Nur falsch angewandt!)

Frau Bundesministerin! Jedenfalls wäre es hoch an der Zeit, den österreichischen Rechtsbestand auch auf solche wirklich anachronistische und doch verletzende und diskriminierende Bestimmungen hin zu untersuchen und diesbezüglich auch eine große Novelle vorzuschlagen. Denn ich denke, daß aus solchen Gesetzesbestimmungen ganz bestimmte, längst überholte Werthaltungen sprechen, die es dann leichter machen, Ideologien zu vertreten, die sich letztlich wieder gegen eine Gleichstellung der Frauen auswirken. Ich sehe schon die realpolitischen Schwierigkeiten mit dem Koalitionsgegner, aber zumindest solche Initiativen zu ergreifen, sollte, wie ich meine, möglich sein.

Allein die Debatte um solche zum Himmel schreienden Diskriminierungen wie den § 100 StGB könnte doch in der Öffentlichkeit – zumindest bei jenen, die guten Willens sind – ein Stück mehr Einsicht mit sich bringen und damit die Gleichstellung der Frauen voranbringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuchs. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

23.59

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frauenpolitik muß grundsätzlich so gestaltet sein, daß es möglich ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Eine überwältigende Mehrheit von Frauen möchte Beruf und Familie, Kind und Job, Karriere und Partnerschaft. Es geht darum, Frauen und Männern gleiche Chancen in Familie und Gesellschaft zu ermöglichen.

Frauenpolitik ist Gesellschaftspolitik und muß daher als querschnittsorientierte Politik in alle Bereiche der Gesellschaft Eingang finden. Wir müssen Rahmenbedingungen verbessern, wir müssen aber auch mehr Sensibilität in Frauenfragen, insbesondere bei sexistischen Verhaltensweisen, entwickeln. Am Arbeitsplatz muß die Solidarität aller Kollegen und Kolleginnen eingefordert werden, wenn es zum Beispiel um sexuelle Belästigung oder Mobbing geht. Wir haben heute schon festgestellt, daß mehr als 40 Prozent der Anfragen an die Gleichbehandlungsanwaltschaft diesem Thema zuzuordnen waren.

Wir wissen alle, daß sich Bewußtsein in der Sprache widerspiegelt. Es hat sich sehr deutlich dokumentiert, daß es nur bei den Frauen so schwierig ist, entsprechende, also weibliche Bezeichnungen zu finden. Als zum Beispiel mehr Männer in Frauenberufen tätig geworden sind – ich denke da etwa an die Krankenpflege –, wäre niemand auf die Idee gekommen, "Herr Krankenbruder" zu sagen. Da wurde sofort eine neue Bezeichnung gefunden: der "Krankenpfleger". Ich meine, mit ein bißchen gutem Willen müßte es möglich sein, in anderen Bereichen auch typisch weibliche Formen der Bezeichnung zu finden.

Wir haben an zahlreichen Beispielen gesehen, daß es noch vieles zu tun gilt. Verbesserungsvorschläge der Gleichbehandlungsanwaltschaft gibt es, und ich hoffe, bei deren Umsetzung


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