Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 225

Daß das Thema Gleichbehandlung noch lange nicht abgeschlossen ist, ist klar. Allein am Verhalten der freiheitlichen Abgeordneten erkenne ich, daß wir dieses Thema noch öfters in diesem Haus werden besprechen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe aber auch, daß vielleicht doch noch ein männlicher Redner zu diesem Thema Stellung nimmt. Mir ist aufgefallen, daß die meisten Männer erst hereingekommen sind, als es zur Abstimmung geläutet hat. Kollege Barmüller schreibt die ganze Zeit so eifrig mit, vielleicht meldet er sich auch noch zu Wort. (Beifall bei der SPÖ.)

0.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller hat sich schon zu Wort gemeldet. – Bitte, ergreifen Sie das Wort.

0.33

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Frau Abgeordnete! Recht herzlichen Dank für die Einladung, diese nehme ich doch glatt gerne wahr. (Abg. Dr. Rasinger: Kurz!) Herr Abgeordneter Rasinger! Nicht kurz, sondern ich werde fast die gesamte Redezeit meiner Fraktion ausnutzen. Daß dieser wichtige Tagesordnungspunkt am Ende steht (Abg. Dr. Stummvoll: Das sind 2 Minuten!) – nein, Herr Abgeordneter Stummvoll! –, ist wirklich eine Schande für das Haus. Es ist auch kein Spaß, denn es geht immerhin um 50 Prozent der Bevölkerung in Österreich, die nicht die gleichen Karrierechancen haben wie die Männer. Herr Abgeordneter Stummvoll! Es betrifft auch Ihre Tochter. Es mag Sie vielleicht für Ihre Frau nicht so interessieren, aber für Ihre Tochter dürfte es Sie vielleicht doch interessieren. (Abg. Dr. Stummvoll: Welche der beiden?)

Meine Damen und Herren! Es ist nicht einzusehen, daß man sich hier von diesem Rednerpult aus immer wieder, bei jedem Gleichbehandlungsbericht, für die Erstellung des Berichts bedankt und sagt, wie wichtig, super, umfangreich und toll er sei. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Sozialisten müssen sich selber loben!)

Es handelt sich auch wirklich um einen guten Bericht, aber wahr ist doch, meine Damen und Herren, daß es sich eigentlich nur um die Beschreibung eines Problems handelt, das sich seit Jahr und Tag nicht ändert. Daß es sich nicht ändert – das sage ich ganz offen –, ist auch die Schuld der Frauen in diesem Haus und insbesondere auch die Schuld der Männer in diesem Haus, weil es nämlich die Frauen bisher unterlassen haben, sich über die Fraktionen hinweg auch gegen ihre eigenen Männer, die Männer in den eigenen Fraktionen durchzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Ich sage Ihnen, Herr Abgeordneter, es gibt genügend Männer, die bereit wären, diesbezüglich hier wirklich etwas zu machen, und die sich nicht nur – wie Herr Abgeordneter Zweytick – darüber lustig machen würden, wenn Sie endlich einmal den Mut fänden, dieses Problem auch über die Fraktionen hinweg als Problem anzusprechen. Kollege Amon, wir haben diesbezüglich ohnehin schon einen Vorstoß gemacht. Aber wenn es endlich die Bereitschaft gäbe, dieses Problem über die Fraktionen hinweg auch zwischen den Frauen anzusprechen und es insbesondere gegenüber den Männern in den Fraktionen zu artikulieren, dann müßten Sie nicht bei jedem Gleichbehandlungsbericht hier darum betteln, daß dies endlich einmal beachtet werden möge.

Daher möchte ich Sie, meine Damen und Herren, an das erinnern, was in diesem Zusammenhang auch wichtig ist. Bewußtseinsbildung – das ist schon angesprochen worden – ist wichtig, aber leistungsgebundene Vorzugsregeln sind in diesem Zusammenhang wichtiger als jede Bewußtseinsbildung. Sie werden sie nur dann erreichen, wenn es solche Regeln endlich auch gibt, wenn sie festgeschrieben werden, wenn sie verpflichtend sind und wenn nicht immer hier nur gebeten wird, man möge in dieser Sache doch endlich umdenken! Diejenigen, die die Macht haben, werden nicht umdenken, solange Sie nicht Druck machen.

Daher erinnere ich Sie auch an die Worte der ehemaligen Abgeordneten und Ministerin Johanna Dohnal, die zu ihrem 60. Geburtstag in der Villa Kreisky gesagt hat: Wie stark will die SPÖ noch werden, bis sie endlich mit der Gleichberechtigung der Frauen Ernst macht? Wieviel Prozent


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