Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 44

Da werde ich nicht müde werden, Ihnen immer wieder zu sagen – insbesondere auch den wenigen Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, die im Raume sind –, daß ... (Abg. Dr. Niederwieser: Gerade überfüllt seid ihr auch nicht!) Wir sind genauso viele wie Sie im Moment, und das bei etwas unterschiedlichen Stärkeverhältnissen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das wäre eine interessante Perspektive!) Also wie dem auch immer sei: Die Relation 1,2 Milliarden Schilling im Jahr für alle Schulbücher und Selbstbehalte und Einsparungen versus 12 Milliarden Schilling im Jahr für neue Panzer im Rahmen des Mech-Paketes, ist eine für Forschung und für Bildung sehr, sehr schlechte und eigentlich beschämende Relation. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich komme auch noch auf die Ausführungen des Abgeordneten Nowotny zu sprechen. Wenn er so durchs Hintertürl wieder das Hohelied der Gentechnik in der Landwirtschaft und Ernährung gesungen und darüber geklagt hat, wohin denn die armen jungen Forscherinnen und Forscher gehen sollen, wenn hier in Österreich ihre Leistungen bei der Bevölkerung nicht gefragt sind, dann muß ich ihn erstens fragen, wie er es denn mit der Marktwirtschaft hält. Denn wenn Konsumentinnen und Konsumenten sehr klare Präferenzen anmelden, dann, denke ich, sollte das in einer Marktwirtschaft zu beachten sein.

Zum zweiten frage ich schon – es hat auch mein Kollege Van der Bellen schon die Ausführungen zum Betriebsanlagenrecht kritisiert –, wenn es immer nur heißt, wir gehen an den Konsumenten vorbei, wir gehen an den Bürgerinnen und Bürgern, was deren ökologische Interessen betrifft, vorbei, ob es wirklich Zeichen eines modernen, der Forschung offen gegenüberstehenden Staates sind, wenn man sagt, die Wirtschaft soll jede Art von Freiheit haben, aber der anderen Seite, der notwendigen Kontrolle, werden die Möglichkeiten genommen.

Ich denke, es kann nur ein wirklich gelebtes Bekenntnis zu einem Mehr an Forschung geben, wenn auch sichergestellt ist, daß es entsprechende Kontrollmechanismen gibt. Die beste Kontrolle ist eben eine unabhängige Kontrolle, die durch die Universitäten, durch Forschungseinrichtungen, aber auch durch informierte Initiativen der Bürgerinnen und Bürger erfolgt.

Auf dieses Hohelied der Gentechnik in der Landwirtschaft zurückkommend muß ich dem Kollegen Nowotny sagen, daß er offenbar mit aktuellen Forschungsergebnissen nicht wirklich vertraut ist. In Großbritannien ist eine intensive Debatte über unterdrückte Forschung im Gange. Es sind solche – unter Anführungszeichen – "Revolverblätter" wie die "Financial Times", die schon von "Frankenstein-Food" sprechen, und Zeitungen wie der "Guardian", die von "unterdrückter Forschung" sprechen.

Herr Bundesminister! Dazu muß ich schon feststellen: Es soll natürlich Forschung geben, die Hand in Hand mit der Wirtschaft geht, aber das kann nicht alles sein. Wenn wir uns darauf verlassen, daß die Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen wird, dann wird die notwendige Kontrolle fehlen. Und hier vermisse ich eine öffentliche Initiative zu einer wirklich rückhaltlosen Risikoforschung und zu einer Kontrolle der möglichen Gefahren, die auch mit neuen Technologien verbunden sein können. (Beifall bei den Grünen.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

10.12

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Petrovic, daß Wahrnehmungen sehr individuell sind, haben Sie gerade unter Beweis gestellt. Denn Ihre Eindrücke von den Ausführungen des Kollegen Nowotny waren offensichtlich sehr individuell von Ihnen wahrgenommene; vielleicht aufgrund der Unterlagen, die Sie für die Rede vorbereitet hatten.

Ergebnisse der Forschung verändern unseren Alltag. Das ist unbestritten. Busse fahren mit Altöl, das "Raumschiff Enterprise" scheint Realität zu werden – und wer von uns kann sich heute noch ein Büro ohne Computertechnologie vorstellen? Dennoch stehen die Österreicher und Österreicherinnen Begriffen wie Wissenschaft, Forschung, Technologie skeptisch gegenüber.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite