Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 70

Steuerreform wird auf die zwei Bereiche "Jugend" und "ältere Menschen" ganz klar Bezug nehmen, und sie wird dort Abhilfe schaffen. Davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sorge bereitet mir die Einkommenssituation deshalb, weil sich sehr klar herauslesen läßt, daß ein Großteil der Steuer- und Beitragsleistungen aus dem Erwerbseinkommen kommt und dieser Anteil im Steigen begriffen ist. Darum sollte meiner Ansicht nach die Beitragsbelastung insgesamt überdacht werden.

Was den bäuerlichen Bereich betrifft, haben wir hier folgende Anmerkung zu treffen: Wir brauchen in dieser Hinsicht dringend eine Korrektur. Sosehr mich der Sozialbericht freut: Eine Aussage des Präsidenten des Pensionistenverbandes aus Linz, Pöder, freut mich weniger. Er sagte in seiner Abschiedsrede, das Pensionssystem werde krankgejammert und totgesagt – darin hat er ein bißchen recht –, der Staat müßte hauptsächlich – und jetzt hören Sie bitte genau hin! – bei den Bauern und bei den Selbständigen zugreifen. – Das ist doch keine Art von Sozialpolitik! Das zeugt nicht von Solidarität und von Verständnis für die anderen. Solche Aussagen können wir nicht brauchen, und sie bringen uns auch nicht weiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Was den Pensionsbereich betrifft, möchte ich nur darauf hinweisen, daß wir das Spannungsverhältnis zwischen Lebensarbeitszeit und Lebenserwartung zu überdenken haben und daß wir – das muß ich hier anführen – im Ausgleichszulagenrecht Anpassungsnotwendigkeiten haben. Ich gebe Frau Kollegin Reitsamer darin recht, daß wir – wie sie heute hier gemeint hat – für die Frauen im Pensionsbereich, nicht zuletzt durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz, gewisse Vorbedingungen geschaffen haben, die noch einmal zu überdenken wären.

Zum Schluß kommend: Frau Minister, auch Sie haben auf die Armutssituation Bezug genommen. Man kann das von verschiedenen Richtungen aus sehen. Es stimmt mich kritisch, daß im Sozialbericht davon die Rede ist, daß vor allem die Mehrgenerationen-Haushalte, wiederum vor allem im ländlichen Raum, besonders betroffen sind und daß insbesondere Familien mit mehreren Kindern betroffen sind. Deshalb meine ich, daß Kollegin Steibl recht hat, wenn sie sagt, die Karenzgeldregelung gehöre überdacht. Ein Karenzgeld für alle hat aus meiner Sicht den Charme, daß man dadurch einbindet und nicht ausgrenzt. Das ist das Ziel einer Sozialpolitik, die auf Solidarität achtet. (Beifall bei der ÖVP.)

Das gesetzliche System hat sich bewährt. Wir werden auch in Zukunft an der Pflichtversicherung festhalten, letzten Endes ist sie das beste Modell. Unsere Aufgabe ist es nicht nur, sich über diese Leistungen zu freuen, sondern unsere Aufgabe besteht darin, sich den Herausforderungen zu stellen und die Sozialpolitik Österreichs täglich den neuen Bedürfnissen anzupassen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.52

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Der Sozialbericht, der jetzt zur Debatte steht, ist korrekt und informationsreich. Aber er schildert eine soziale Lage, mit der man nicht zufrieden sein kann. Sosehr man mit dem Bericht zufrieden ist, weil er Daten und Fakten liefert, so wenig kann man mit den Ergebnissen der Sozialpolitik, die er widerspiegelt, zufrieden sein.

Lassen Sie mich einige wenige Punkte herausgreifen. Die Arbeitslosenrate steigt weiter, der Trend ist nicht gebrochen. Von 1997 auf 1999 spannt sich leider ein durchgängiger Trend. Die im vorliegenden Sozialbericht ausgewiesenen Zuwächse im Bereich der Altersarbeitslosigkeit sind mit plus 5,2 Prozent mehr als beunruhigend.

Das Arbeitslosengeld ist im selben Zeitraum gesunken. Der Median der monatlichen Leistungen ist gesunken, das Niveau des mittleren Arbeitslosengeldes ist gesunken. Das heißt, offenbar reagiert dieses Sozialsystem bei steigender Arbeitslosigkeit mit sinkenden Zahlungen an die Arbeitslosen. Das kann man nicht als erfolgreiche Sozialpolitik bezeichnen! Da tröstet es wenig,


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