Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 81

Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahren verstärkt solidarische Lohnpolitik gerade im Interesse jener, die das geringste Einkommen haben, praktiziert. Es sind alle Varianten, die es gibt, durchgespielt worden, ob nun Einmalbeträge, Mindestbeträge, untere Lohngruppen stärker anheben und vieles mehr. Aber die Gewerkschaften können insgesamt nur Mindeststundenlöhne vereinbaren. An den Arbeitgebern liegt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, was tatsächlich in den Betrieben bezahlt wird. Daher habe ich es vermißt – und es wäre gut gewesen, das zu tun –, daß Frau Rauch-Kallat an die Abgeordneten ihrer eigenen Partei, die die Wirtschaft in diesem Hause vertreten, appelliert, damit die Arbeitgeber den Frauen mehr bezahlen, nämlich mehr, als eben im Kollektivvertrag vorgesehen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

In den letzten Tagen und Wochen haben wir einige neue Vorschläge – ich werde zu einem, der heute in den Zeitungen herumgeistert, auch noch Stellung nehmen – gehört. Die gewerkschaftliche Lohnpolitik gehöre dezentralisiert, sie gehöre auf Länderebene übertragen, es gehörten die einzelnen Innungen, die einzelnen Fachverbände damit betraut. Manche gehen sogar so weit, zu sagen: Wir machen uns das in den einzelnen Betrieben aus. – Da muß etwas dahinterstecken, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn eigentlich könnte es nur dazu führen, daß noch geringere Lohnabschlüsse erzielt werden. (Abg. Rieß: Wer sagt das? Wer hat das gefordert?)

Angesichts der Situation im Metallgewerbe oder jener im Hotel- und Gastgewerbe des Jahres 1997, als die Gewerkschaft monatelang kämpfen mußte, und aufgrund der Tatsache, daß es Berufsgruppen gibt, die, wie etwa die Friseure, seit dem Jahre 1992 keine Lohnerhöhung bekommen haben, weil die Arbeitgeber ganz einfach nicht bereit sind, einen Lohnabschluß zu tätigen, ist klar, daß wir diese Wege nicht gehen werden!

Ich darf meine Bitte, meinen Appell an Sie, geschätzte Frau Bundesminister, neuerlich wiederholen: Schaffen Sie ein modernes, zeitgemäßes Instrumentarium, damit wir Kollektivverträge satzen können! Wir haben zwar auch jetzt bereits Satzungsmöglichkeiten, aber die Praxis zeigt, daß diese nicht mehr zeitgemäß sind. Und auch die Arbeitgeber können nicht gegen Satzungen sein, denn sie selbst bedienen sich, wie Sie in Ihrem Ministerium erfahren können, des Instrumentariums der Satzung, da sie erst gestern eine Satzung gegen uns durchgesetzt haben. Auch die Arbeitgeber haben also ein sehr großes Interesse daran. Vielleicht, Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, Herr Dr. Stummvoll, könnte man gemeinsam darauf hinarbeiten, das zu novellieren, denn auch Arbeitgeber müssen ein Interesse daran haben.

Da die Zeit zu kurz ist, will ich auf die Vorschläge, die von Ihnen, Herr Abgeordneter Peter, und von Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Leitl bezüglich des 13. und 14. Monatsgehaltes gekommen sind, gar nicht eingehen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß man darüber reden kann, aber das, was wir im Moment haben, muß abgesichert werden. Denn wenn wir es nicht am bestehenden Niveau festschreiben, werden wir, wenn ich Ihren Weg gehe, in drei oder vier Jahren – und mit mir können Sie nur über einen solchen Zeitrahmen diskutieren –, sobald das 13. und 14. Gehalt aufgesogen sein werden, weniger haben. Ihr habt mit sofort vorgeworfen, das sei leistungsfeindlich und, und, und.

Der heutige Vorschlag des Herrn Generaldirektor Hochleitner von Siemens, daß es bei Lohnerhöhungen überhaupt nur Einmalbeträge geben solle, würde dazu führen, daß die Einkommen für alle Zeiten gleichbleiben, und das würde noch weiter in die Armut führen. (Beifall bei der SPÖ.) Das sind Wünsche, die er zwar vorbringen kann, für die er aber sicher keine Gewerkschaft finden wird, die eine derartige Lohnpolitik mit ihm vereinbaren wird. Diejenigen, an die er es gerichtet hat, nämlich die Metaller, werden so etwas mit ihm sicherlich nicht vereinbaren.

Zum Schluß möchte ich noch einmal den Vorwurf der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat zurückweisen. Die Gewerkschafter sind sicherlich nicht schuld an dieser Situation, sie tun ohnehin das, was möglich ist! Sie sollte ihre Appelle an die Arbeitgeber richten, das wäre wirkungsvoller! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

12.40


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