Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 113

Die Berufsrechts-Änderungsgesetz-Novelle war in beiden Bereichen notwendig aufgrund der Richtlinie der Europäischen Union 98/5, die ja bis zum 14. März 2000 umgesetzt werden soll. Herr Minister – diese Kritik müssen Sie sich schon gefallen lassen –, es ist ja letztlich so, daß diese Novelle nicht die letzte vor der Richtlinienumsetzung im Jahre 2000 sein wird – das heißt, wir werden im nächsten halben Jahr erneut über das Berufsrecht der Rechtsanwälte zu diskutieren haben. (Bundesminister Dr. Michalek: Man kann über die freien Berufe nicht lange und oft genug reden!) Natürlich kann die Diskussion nicht schaden, aber es sollte dabei auch etwas herauskommen.

Ich möchte im Hinblick auf die Kürze nur einige wenige Kritikpunkte ansprechen: Die Anwaltsgesellschaft, die eingeführt wird, die Anwalts-GesmbH, greift unserer Meinung nach zu kurz und geht auch an der Realität vorbei. Ganz kurz umrissen: Es handelt sich nach wie vor nur um eine Schein-GmbH. Nach wie vor hängt man der Personengesellschaft nach, die nunmehr in einer GmbH geführt werden kann. Es ist keine Auswahl des Firmennamens möglich, es gibt nur Personengesellschafts-Namen, es ist keine Prokura möglich, es sind keine Mehrbeteiligungen durch Rechtsanwälte, keine interdisziplinären Gesellschaften möglich, aber auch Berufsfremde können sich daran nicht beteiligen. – Wir haben diese Kritik schon im Ausschuß erläutert, und sie läuft darauf hinaus, daß die Novelle unserer Meinung nach viel zu kurzgreifend und nicht EU-konform ist. Ich hoffe, daß wir uns bei der nächsten Änderung diesbezüglich dazu durchringen können, in diesem Bereich moderne Voraussetzungen zu schaffen.

Aber auch die Zulassungsvoraussetzungen für den Zugang zu diesem Beruf hätten an sich im Zuge dieser Berufsrechts-Änderung bei den Rechtsanwälten anders gestaltet gehört. Sie diskriminieren nach wie vor Inländer gegenüber Ausländern, sie sind unzumutbar, weil sie aufgrund ihrer Länge und aufgrund ihrer Voraussetzungen zum Zugang im internationalen Vergleich nicht entsprechen, und sie sind stark von standespolitischem Konkurrenzdenken geprägt – das darf man nicht vergessen. Man hätte eigentlich etwas Moderneres daraus machen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Rechtsanwaltsprüfung wird im Gegenzug – obwohl der Gegenwind bläst und wir uns natürlich auf dem Markt behaupten wollen – durch die Einführung eines weiteren Prüfungsfaches in Wirklichkeit erschwert. Ich halte es angesichts überlanger Ausbildungszeiten für Rechtsanwälte schon für vermessen, daß man als Antwort darauf, daß sich unsere Leute in diesem Bereich erst frühestens mit 29 oder 30 Jahren überhaupt selbständig machen können, noch ein zusätzliches Prüfungsfach einführt. In ganz Europa gibt es keine vergleichbare Rechtsanwaltsprüfung oder gar eine vergleichbar lange Ausbildungsdauer von fünf Jahren nach abgeschlossenem Studium – nach abgeschlossenem Studium, das darf man nicht vergessen!

Aber auch die frauendiskriminierenden und familienfeindlichen Bestimmungen in der Rechtsanwaltsausbildung sind nicht beseitigt worden. Der Rechtsanwaltsanwärter ist seinem Ausbildungsanwalt in einem Maße unterworfen, wie dies in keiner anderen Ausbildung oder in keinem anderen Beruf der Fall ist. Es sind keine Teilzeitregelungen möglich – nicht einmal durch Verlängerung einer Berufsausbildung –, wodurch natürlich Frauen, die an eine Familiengründung, an Kinder denken, der Zugang zu diesem Beruf ja überhaupt verunmöglicht wird. Ich glaube, daß da Handlungsbedarf besteht und daß wir das schleunigst lösen müssen. Man kann nicht davon ausgehen, daß Rechtsanwälte lediglich Singles sein dürfen oder eine Ehe wahrscheinlich gar nicht leben können.

Es gibt keine Verbesserung der Rechtsstellung für Berufsanwärter im Kammerbereich und keine Verbesserung der sozialrechtlichen Absicherung für Berufsanwärter und Rechtsanwälte. Ich erinnere daran: Es gibt keinen Pensionsanspruch, den man in der Aubildungszeit erwirbt, aber auch keine Hinterbliebenen- und keine Versorgungs- beziehungsweise Invaliditätsversorgungsansprüche bis zum fünften Jahr nach der Eintragungsfähigkeit. Das bedeutet bis zum 33. Lebensjahr ein soziales Nullum für diesen Berufsstand – und das gilt auch für Notare. (Bundesminister Dr. Michalek: Nein, überhaupt nicht!) Das ist meines Erachtens nicht mehr zeitgerecht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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