Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 219

nehmerschutz im privatwirtschaftlichen Bereich mit all seinen Ausformungen, der, wie ich sagen möchte, teilweise auch ein wenig überzogen ist, und auf der anderen Seite der privilegierte Bund, der gegenüber seinen Dienstnehmern massive Privilegien hat, wofür die Bediensteten die Lasten zu tragen haben.

Als ehemaliger und langjähriger öffentlich Bediensteter weiß ich, wovon ich spreche. Kollege Puttinger wird das alte Finanzamt in Salzburg noch kennen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.) Du wirst auch das alte Finanzamt in Salzburg noch gekannt haben! Es waren wahrlich unzumutbare, teilweise menschenunwürdige Bedingungen, unter welchen öffentlich Bedienstete arbeiten mußten. Erfreulicherweise hat sich das durch einen Neubau des Finanzamtes geändert.

Aber lassen Sie mich jetzt eine positive Anmerkung machen: Nach jahrzehntelangem Schweigen und jahrzehntelanger Säumnis der Bundesregierung ist sie nun endlich tätig geworden, wahrscheinlich unter dem Druck der Umsetzung von EU-Richtlinien, aber vielleicht auch im Lichte heranstehender Personalvertretungswahlen: Die Bundesregierung hat nun endlich ansatzweise den freiheitlichen Antrag aus dem Jahr 1993 umgesetzt!

Herr Staatssekretär! Damit ist es mit dem Positiven aber auch schon vorbei. Denn es muß in aller Deutlichkeit gesagt werden: Mit der vorliegenden Regierungsvorlage werden wir nach Beschlußfassung keinesfalls beziehungsweise auch nicht annähernd jenen Standard erreichen, welcher der Privatwirtschaft auferlegt wurde, auch wenn das Arbeitsinspektorat in Zukunft die Möglichkeit haben wird, unangemeldet und jederzeit Dienststellen zu überprüfen und Mißstände aufzuzeigen, denn – und das ist die Crux an der ganzen Sache – es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten!

Wie wird das in der Praxis ausschauen? – Im § 91 ist genau beschrieben, wie das vor sich gehen wird: Ein Arbeitsinspektor stellt einen Mißstand fest. Daher bleibt ihm nichts anderes übrig, als eine Meldung an den Dienststellenleiter zu machen. Wenn das nichts fruchtet, dann kann er die Meldung an die Zentralstelle beziehungsweise an den Zentralstellenleiter weitergeben. Wenn wieder nichts geschieht, dann tritt folgende Situation ein: Es wird nichts getan, wenn nichts getan wird, obwohl etwas getan wurde. Das, Herr Staatssekretär, ist diese Regierungsvorlage, nicht mehr und nicht weniger!

Sie haben uns im Finanzausschuß erklärt, es gebe verfassungsrechtliche Bedenken. Sie haben uns auch ein Gutachten des Verfassungsdienstes zugesagt. Ich weiß nicht, ob Kollege Moser dieses schon bekommen hat. Ich würde nämlich gerne einmal hineinschauen. Vielleicht könnte er so lieb sein und mir dieses zur Verfügung stellen! – Es gibt also verfassungsrechtliche Bedenken. Aber es ist klar: Ein Gesetz ohne echte Sanktionsmöglichkeiten ist ein zahnloser Papiertiger, nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten zeigen den Unterschied zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. In der Privatwirtschaft gibt es drakonische Strafen bis hin zur Betriebsschließung. Der Bund stiehlt sich hier hingegen aus der Verantwortung und läßt keine Strafen zu. Aus meiner Sicht ist daher diese Regierungsvorlage eher ein Beschwichtigungspapier im Hinblick auf die bevorstehenden Personalvertretungswahlen.

Lassen sich mich zusammenfassend sagen: Diese Situation ist bedauerlich im Lichte der Erkenntnis, daß Arbeitnehmerschutz volkswirtschaftliche Vorteile bringt. Es gibt dazu entsprechende Zahlen in der Privatwirtschaft: Dort ist die Unfallhäufigkeit beziehungsweise sind die entsprechenden Kosten um 25 Prozent zurückgegangen. – Daher ist klar: Solange die Privilegierung des Bundes als Dienstgeber gegenüber seinen Bediensteten aufrecht bleibt, werden wir Freiheitlichen einer derartigen Gesetzesvorlage nicht die Zustimmung erteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


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