Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 229

Wie ich das verstehen soll, weiß ich nicht. Wenn den Bund ein Verschulden trifft, dann passiert nichts, wenn aber den Dienststellenleiter ein Verschulden trifft – obwohl ohnehin nichts abgeändert wird –, dann trifft ihn sehr wohl das Disziplinarrecht. Ich halte es für eine sagenhafte Einrichtung eines Gesetzes, wenn man zwar den Dienststellenleiter für das, was ohnehin nicht gemacht wird, verantwortlich macht, während auf der anderen Seite der Bund überhaupt keine Konsequenzen zu tragen hat.

Daher muß ich meinem Kollegen Böhacker recht geben, wenn er sagt: Arbeitnehmerschutz ist unteilbar! Zu dieser Aussage stehen wir Freiheitlichen in vollem Umfang, denn es darf nicht sein, daß man zwei Kategorien von Bediensteten oder Arbeitnehmern schafft: auf der einen Seite derart, daß die Privatwirtschaft wegen der finanziellen Belastungen durch die Bundesregierung arg in Mitleidenschaft gezogen wird, und auf der zweiten Seite im öffentlichen Dienst dadurch, daß man den Beamten quasi als – sagen wir es einmal so – zweitklassig bezeichnet.

Eventuell könnte man sogar sagen: Der Beamte wird einfach nicht ernst genommen. Denn es klingt durch, daß nicht unbedingt etwas für den öffentlichen Dienst getan werden muß. Wenn man das umdreht, könnte man auch sagen: Das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz wird deshalb ohne Sanktionen beschlossen, weil man einfach kein Geld dafür hat, die Bundesdienststellen mit jenen Mitteln und Ausstattungen zu versehen, die nötig sind, damit dort in entsprechender Weise und nach unseren Vorstellungen Dienst gemacht werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte.

22.33

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß auch die Debatte über ein derartiges Gesetz durchaus unterhaltsam sein kann, hat Kollege Van der Bellen demonstriert. Ich glaube, für viele war das, was er vorgebracht hat, zweifellos etwas, was aus der allgemeinen Debatte etwas ziemlich Lustiges gemacht hat.

Unabhängig davon hat das Gesetz schon etwas Ernstes zum Hintergrund. Wenn nämlich 170 000 Bedienstete in rund 3 600 Dienststellen (Abg. Böhacker: 11 000 Gebäude, 176 000 Mitarbeiter!) und 11 000 Gebäuden betroffen sind und die Sicherheit und die Gesundheit dieser Kolleginnen und Kollegen erstmals einer Regelung von Schutzbestimmungen zugeführt werden, dann ist das etwas, was prinzipiell ein Anliegen sowohl eines Arbeitnehmers als auch eines Arbeitgebers zu sein hat.

Man kann natürlich jede Stufe eines Gesetzes, das nicht hundertprozentig ist, als "noch nicht ausreichend" bezeichnen, oder man kann sich, von der anderen Seite kommend, darüber freuen, daß es gegenüber dem bisherigen Rechtszustand einen bedeutenden Fortschritt gibt. Ich gehe von dem zweiten Standpunkt aus und sage: Für die 170 000 Betroffenen ist diese heutige Regelung ein bedeutender Fortschritt. Daher sagen wir von der Volkspartei ein Ja zu dieser gesetzlichen Regelung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Madl: Daran darf man zweifeln!)

Frau Kollegin! Ob Sie Zweifel haben oder nicht, ist mir relativ egal – wenn ich das so offen sagen darf. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Madl.) Aber im Prinzip ist es folgendermaßen, Frau Kollegin. Ich kann mir vorstellen – denn ich habe mir darüber Gedanken gemacht, als ich Ihrem Kollegen zugehört habe –, warum Sie nicht zustimmen können. Ein wichtiges Moment dafür, daß diese Regelung jetzt eingeführt wird, besteht darin, daß wir durch die Richtlinien der EU dazu gezwungen werden, es zu tun. Wenn Sie aber nicht für die EU sind, dann kann ich mir vorstellen, daß Sie all das, was von der EU kommt und uns die entsprechende Verpflichtung auferlegt, nicht gern haben und auch in seinen Auswüchsen nicht akzeptieren wollen. (Abg. Jung: Sehr richtig! In den Auswüchsen wollen wir es nicht akzeptieren!)

Herr Kollege Jung, hören Sie zu! (Abg. Jung: Ich habe zugehört!) Sie haben sich, wenn Sie da nein sagen, ganz einfach auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen zu verantworten, wenn Sie ihnen de facto die Verbesserungen, die durch diese Regelung erzielt werden, nicht


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