Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 21

junktur in Westeuropa wie auch anderswo seine starken Triebkräfte verliert und an seine Stelle in der Bedeutung für die Konjunktur die Binnennachfrage treten wird.

Ich weise darauf hin, daß das mit einer der Gründe dafür war, daß bei der Steuerrechtsreform oft davon die Rede war, durch echte Steuerreduktionen im Einkommensbereich zu einer Stärkung der Binnennachfrage beizutragen.

Insgesamt dürften sich die Wachstumsraten verringern. Ich rechne aber dennoch damit, daß sich Westeuropa auf einem gesicherten Wachstumspfad zwischen 2 und 3 Prozent bewegen wird. Dieser Wachstumspfad ist jedenfalls ausreichend, um die Inflation und das Niveau der Kreditzinsen niedrig zu halten. Es wird allerdings im Bereich der Arbeitskräftepolitik erhöhter Kreativität bedürfen, da es trotz 30 000 neuer Jobs jedes Jahr in Österreich starken Druck auf die österreichische Arbeitslosenrate gibt. Daher bedarf es in diesem Bereich neuer Kreativität.

Wir müssen zwei Dinge unterscheiden: Knapp 40 Prozent aller Arbeitslosen in Österreich kehren innerhalb eines Jahres zum selben Arbeitgeber zurück – das ist ein Sonderproblem. Das zweite Problem ist, daß sehr viele ältere Arbeitslose Einkommensprobleme haben. Es wird vernünftiger sein, in diesem Bereich künftig Arbeitskosten zu fördern und nicht Kreditkosten, wie wir das bisher getan haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sie haben jetzt selbst gesagt und damit das bestätigt, was im Wifo-Bericht aufgezeigt wird, daß die Inlandsnachfrage in ganz Europa zunehmend die Exporte stützt. Meine Frage, Herr Minister, ist daher, ob sich diese Inlandsnachfrage auch im Tourismus beziehungsweise in der zweiten Branche, der Bauwirtschaft, in Zukunft auswirken wird, beziehungsweise welche Maßnahmen Sie ergriffen haben, damit sich die Inlandsnachfrage, die ja tatsächlich stattfindet, auch im Tourismus und im Baugewerbe auswirkt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Die Erfahrungen etwa bei der ITP, an der ich persönlich teilgenommen habe, zeigen, daß auch einkommensstützende Maßnahmen, wie sie im Nachbarland Deutschland getroffen wurden, eine unglaublich starke Auswirkung auf die Urlaubsneigung von Bevölkerungsschichten haben, die sich in den letzten Jahren – in Deutschland etwa auf der "Soli-Basis" – entschieden haben, beim Urlaub zuerst zu sparen.

Ich erwarte mir eine ähnliche Tendenz von den Kernreformpunkten der österreichischen Steuerrechtsreform, da ich davon ausgehe, daß die starke Reduktion der Steuerbelastung, bezogen auf das Jahreseinkommen, Beträge ergibt, die einen ordentlichen Urlaub, vor allem in Österreich, erlauben.

Der nächste Punkt ist: Mein subjektiver Eindruck ist, daß Europa insgesamt vom sozialen Klima her wärmer geworden ist. Das dient dem Tourismus.

Was die Bauwirtschaft anlangt, möchte ich darauf hinweisen, daß alle Studien beweisen, daß dort, wo die öffentliche Hand im Hochbau, im Tiefbau tätig ist, im Augenblick eine gute Auslastung gegeben ist. Auch bei der Modernisierung, Stadterneuerung haben wir dank der Mietzinsreservenregelung noch immer einen starken Druck auf Projekte.

Ich muß allerdings fairerweise sagen, daß es im Wohnbau einen deutlichen Einbruch gibt, und wir müssen uns daher rasch überlegen, ob wir nicht eigentlich beim nächsten Finanzausgleich die Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel aufheben sollten, um sie in anderen Bereichen investiv einsetzen zu können. Da sehe ich wirklich Handlungsbedarf.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser, bitte.


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