Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 35

da 2000 die Kollegin Aumayr und andere hier herausgegangen und haben erklärt, daß die Agenda 2000 ein Bauernsterben nach sich ziehen werde, daß das, was geschehen soll, ein Verbrechen an der Bauernschaft sei und daß eine Entvölkerung des ländlichen Raumes zu erwarten sei. (Abg. Mag. Schweitzer: Was verstehen Sie von Ackerbau und Viehzucht?) Nur: Gestern abend, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei – und deswegen bin ich so froh, daß Sie das jetzt auch bestätigen –, haben Ihre Tiroler Freunde mit dem künftigen Koalitionspartner in Tirol vereinbart (Abg. Jung: Das schmerzt, Herr Kollege!), daß die freiheitliche Fraktion der Agenda 2000 ohne Wenn und Aber im Landtag von Tirol zustimmen wird. Das ist Ihre Form von Glaubwürdigkeit! (Beifall bei der SPÖ.) Sie vergessen die Wahlversprechen in dem Augenblick, in dem Sie auch nur ein Zipfelchen der Macht bekommen!

Meine Damen und Herren! Uns geht es um den Markt, uns geht es darum, daß der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert wird. Uns geht es um die Interessen der Wirtschaft und vor allem um jene der Konsumenten. Österreich darf nicht Geisel internationaler Ölkonzerne sein!

Ich sage Ihnen daher mit aller Deutlichkeit, Frau Kollegin Schmidt: Eine Handlung, die als richtig erkannt wird, wird nicht noch richtiger, indem man vier oder sechs Wochen zuwartet. Die Österreicherinnen und Österreicher und die Wirtschaft erwarten jetzt Konsequenzen. Wir haben lange genug gewartet. (Ruf bei den Freiheitlichen: Zu lange! – Abg. Dr. Petrovic: Alle Macht dem ÖAMTC!) Es gibt keine Tugend demokratischer Natur der Bedächtigkeit und der Zurückhaltung dann, wenn Reaktionen gefordert sind. Und es gibt kein Korrelat zwischen Schneckentempo und legistischer Qualität. Der Benzinpreis ist zu hoch. Wir haben dem Wirtschaftsminister lange genug Gelegenheit gegeben zu handeln. Jetzt ist das Maß voll. Wir handeln. Der Benzinpreis ist zu senken! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

10.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte steht unter einer Formel, und diese Formel heißt: Große Koalition plus FPÖ ist gleich "Krone" plus "täglich Alles". Und das ist bemerkenswert, denn "Krone" und "täglich Alles" sind nicht immer einer Meinung, aber wenn es um den Populismus geht und wenn erkennbar ist – Klubobmann Khol hat das sehr deutlich gesagt –, daß die Bürger das gerne hätten, dann wird es gemacht, koste es, was es wolle, und koste es den Rechtsstaat, Herr Dr. Khol. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kostelka: Wo ist da der Rechtsstaat gefährdet? – Abg. Dr. Höchtl: Das ist eine Behauptung, die Sie zurücknehmen sollten! – Ruf bei der ÖVP: Blanker Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Und koste es den Rechtsstaat! – Ich werde das ausführen. Ich freue mich, daß Sie sehr erregt sind. Ich dürfte einen wunden Punkt getroffen haben. Ich schildere den Ablauf der letzten 24 Stunden: Einbringung eines Initiativantrages, Zuweisung und – erster Schritt – Blitzsitzung des Wirtschaftsausschusses. Nächster Schritt: Abänderung der Tagesordnung mit Zweidrittelmehrheit. Und wir werden es erleben: Absehen von der Aufliegefrist über Antrag des Präsidenten gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit.

Was ist der Befund? – Notstand? Ist Notstand ausgebrochen? Haben wir eine Krise? Brennt irgendwo das Gebäude der Republik Österreich? Es handelt sich nämlich dabei um Verfassungsbestimmungen. Es wird in einem Eilzugstempo, das seinesgleichen sucht, die Verfassung der Republik Österreich geändert. Die Verfassung wird geändert! Und ich sage Ihnen: Genauso geht man vor, wenn man eine Verfassung ändern will, ohne daß lang genug darüber nachgedacht werden kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Ruf: Blanker Unsinn!)

Man will, daß die Mitglieder der "eigenen" Fraktionen – der Regierungsfraktionen und auch der FPÖ – nicht lange genug darüber nachdenken können, auf welches üble Spiel sie sich hier aus Fraktionsdisziplin einlassen müssen, man will, daß die Medien es nicht ordentlich diskutieren können. Man will an der Öffentlichkeit vorbei Effekthascherei betreiben. Notstand ist es nämlich keiner, was wir beim Benzinpreis vorfinden, sondern ein Skandal. Es ist ein Skandal beim


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