Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 48

Ich habe aber gesagt, Herr Kostelka: "funktionierende" Märkte. Und dieses Funktionieren von Märkten wird durch zwei Dinge bestimmt: durch die Rahmenbedingungen, die wir diesen Märkten geben, und selbstverständlich auch durch das Wettbewerbsrecht. Wenn das Wettbewerbsrecht nicht funktioniert und wenn die Rahmenbedingungen nicht entsprechend gestaltet sind, dann sprechen wir von nicht funktionierenden Märkten. Wir sprechen nicht von Marktversagen oder von Marktstörung, sondern wir sprechen von Politikversagen. Das ist der Punkt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Durch Politikversagen entstehen Oligopole und Verhaltenskartelle, über die wir uns heute unterhalten. Die Preise sind hoch, und die Produzenten, die Anbieter, ziehen eine Monopolrente ein. Das Politikversagen trägt dafür die Verantwortung! Wir schlagen den Sack und meinen den Esel!

In Wahrheit machen die Mineralölkonzerne das, was ihr Spiel ist, nämlich alles, um einen möglichst hohen Preis am Markt zu erzielen. Und die Politik in Österreich, die Koalitionsregierung, hat mehr als ein Jahrzehnt lang zugeschaut! (Abg. Dr. Kostelka: Es ist aber nicht ihr Spiel, Herr Kollege Peter, den Wettbewerb auszuschalten! Das ist gesetzwidrig, das ist marktordnungswidrig und im Grunde genommen kriminell!) – Herr Kostelka! Ich stimme Ihnen zu! Ich halte hier nur fest, wer das ermöglicht. Ich halte eine Preisabsprache im geheimen, die gegen ein Kartellgesetz erfolgt, für einen Teil der Wirtschaftskriminalität, gar keine Frage! (Abg. Dr. Kostelka: Und an jedem Betrug ist der Innenminister schuld, wie?) – Nein, nicht der Innenminister, das ist eine Justizfrage.

Wenn Sie aber heute einen Markt definieren – und für eine solche Definition des Marktes ist die Politik verantwortlich –, dessen Rahmenbedingungen sowie dessen Kontrolle über das Wettbewerbsrecht nicht funktionieren, dann trägt die Politik die Verantwortung dafür, weil sie einem Markt, der nicht funktioniert, zehn Jahre lang zugeschaut hat. Die überhöhten Preise am Treibstoffsektor sind ja nicht erst gestern entstanden, die gibt es in Österreich ja schon seit vielen, vielen Jahren! Auch die Diskussion darüber gibt es seit vielen, vielen Jahren.

Daher frage ich Sie von den Koalitionsparteien, warum Sie, obwohl Sie seit dem Jahre 1986 dieses Land mit einer großen Koalition regieren, es nie zustande gebracht haben, in Österreich ein funktionierendes Kartellrecht zu schaffen, um damit die Regelungsfunktion des Marktes sicherzustellen.

Die Politik ist gefordert. Österreich ist ein kleines, schönes, liebenswertes Land im Herzen von Europa. Leider wachsen hier keine Bananen – aber es wachsen viele Zwetschkenbäume. Und das, was sich heute hier abspielt, ist einer "Zwetschkenrepublik" würdig, aber nicht einer entwickelten Demokratie, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie ärgern sich heute über Ihre eigenen Versäumnisse im Wettbewerbsrecht. Sie machen eine Anlaßgesetzgebung, Sie machen eine Einzelfallgesetzgebung, und Sie nehmen aus den vier Wirtschaftslenkungsgesetzen, die wir haben, eine Notstandsregelung heraus, um vor Wahlen, auf Zuruf des Boulevards, etwas zu reparieren, obwohl Sie schon lange wissen, daß das notwendig ist!

Das, was Sie, Herr Dr. Khol, an neuem Kartellrecht vorgelegt haben, ist zahnlos und wird genau diesen Kartellen keinen Widerspruch geben. Sie haben einfach nicht den Mut dazu, eine wirkliche Wettbewerbsbehörde einzusetzen, auch nicht den Mut, einen Kartellanwalt einzusetzen, auch nicht den Mut, einen solchen Anwalt möglicherweise gegen Ihre eigenen Interessen, eben bei parteipolitischen Verflechtungen da und dort in Österreich, einen Riegel vorschieben zu lassen.

Da, was Sie uns am 23. März um 19 Uhr als Antragsentwurf vorgelegt haben, war überhaupt unerhört! Das war wirklich unerhört! Darin war eine Preisregelung für Sachgut oder eine Leistung, ja für alle Güter und Leistungen in dieser Art vorgesehen. Das war ein Rückschritt in die Planwirtschaft! – Sie haben sich dann aber doch dazu verstanden, diesen Antrag abzuändern und diese Preisregelung zumindest nur in dem von Ihnen angestrebten Bereich von Erdöl und seinen Derivaten einzuführen.


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