Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 49

Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht Ihre Politik der Rahmenbedingungen, der Reglementierung und Kontrolle von Märkten sein, daß Sie einzelne Produkte herausgreifen und in einem parlamentarischen Schnellverfahren Preisregelungen verfügen, weil Sie nicht in der Lage sind, jene Instrumente, die in einem entwickelten Staat, in einer entwickelten Marktwirtschaft nötig und auch möglich sind, wirklich einzusetzen. Das ist der Stil einer "Zwetschkenrepublik" im Wahlkampf – und das ist bedauerlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Warum sind die Benzin- und Dieselpreise in Österreich eigentlich so hoch? – Auch das sollten wir einmal untersuchen – und nicht nur immer sozusagen hier zum Fenster hinausreden.

Die Gründe dafür kann man in drei Gruppen gliedern. Wir haben in Österreich eine exorbitant hohe Steuerbelastung. Es gibt eine Mineralsteuer, deren Zweckbindung vor einigen Jahren aufgehoben wurde und die nun zu anderen Zwecken verwendet wird, und zweifellos gibt es bei uns sehr teure Auflagen im Tankstellensektor, im Bereich Umwelt – Gaspendelleitungen kosten Geld – und ebenso auf dem Personalsektor. Es gibt eingeschränkte Nebenrechte für diese Tankstellen; aber der Bundesminister meint, das wären die Hauptrechte. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Ich habe das schon umgedreht!) – Entschuldigung.

Wenn sich diese Tankstellen nämlich den Regeln des "normalen" Lebensmittelhandels unterwerfen würden, dann dürften sie doch nach 19.30 Uhr überhaupt nichts mehr verkaufen. Also in diesem Fall geht es auch um die Öffnungszeiten und darum, daß Tankstellen eine neue Funktion in einem neuen, sich wandelnden Markt bekommen.

In Österreich haben wir ferner unerhört hohe Bürokratiekosten und des weiteren hohe Arbeitskosten. Und in bezug auf Tankstellen gibt es außerdem noch ein Rationalisierungsverbot, das heißt, Tankstellen müssen immer durch Menschen betreut werden, was klarerweise Geld kostet. Und last, but not least: Der Bund als Eigentümer der Autobahnen verpachtet die Tankstellen zu Pachtzinsen, die meiner Ansicht nach in sich zu hoch sind.

Über den mangelnden Wettbewerb und ein zahnloses Kartellrecht als zweiten Punkt habe ich bereits gesprochen.

Es gibt bei uns aber leider auch ein bedauerliches Konsumentenverhalten, meine Damen und Herren. Ich weiß, daß Menschen, die auf dem flachen Land wohnen, auf eine bestimmte Tankstelle angewiesen sind, weil es im Umkreis von 20 oder 30 Kilometern keine andere gibt. Aber wenn man bitte hier in Wien nur ein bißchen die Augen aufmacht, dann sieht man, daß man nicht um 11,03 S auf der Autobahn zu tanken braucht, weil man schon zwei Straßen weiter, zum Beispiel hinter dem Parlament, um 10,06 S tanken kann. – Auch das Konsumentenverhalten ist also bedauerlich.

Herr Wirtschaftsminister! Ich hätte mir von Ihnen gewünscht, daß Sie sich im Zuge dieser ganzen politischen Diskussion mit Ihrem Chauffeur ins Auto gesetzt hätten – meinetwegen mit einem Fernsehteam hintennach – und die wirklich billigsten Tankstellen gesucht hätten. Es gibt natürlich auch einen Wettbewerb auf dem Tankstellensektor, nur wird er von den Konsumenten leider zu wenig angenommen.

Eigentlich müßte sich an einer Tankstelle, bei der ein Liter Benzin nur 10,06 S kostet, eine Schlange bilden, während dort, wo Benzin Schilling 10,90 S kostet, nur leere Tankzapfsäulen zu sehen sein dürften. Das würde die Marktwirtschaft beleben! Auch da ist der Konsument gefordert. (Abg. Dr. Kostelka: Also schuld ist die Politik, schuld ist der Konsument, aber die Wirtschaft nicht!) – Warten Sie, darauf komme ich gleich zu sprechen. Danke, daß Sie mich daran erinnert haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist wirklich ein bißchen seltsam!) Herr Kostelka, jetzt bin ich dabei; Sie waren nur ein bißchen schneller als ich.

Nun komme ich zu den Mineralölkonzernen. Was die Mineralölkonzerne in ihrer Preispolitik an Instinktlosigkeit an den Tag gelegt haben, kann bitte nur mehr mit Machtrausch verglichen werden. Eine kundenfernere Politik eines Anbieters auf einem Markt habe ich selten erlebt! Eigentlich gehören sämtliche PR-Manager der österreichischen Mineralölkonzerne fristlos entlassen.


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