Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 53

Herr Bundesminister, bitte handeln Sie! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.37

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Wenn es einreißt, daß man sich mit einer frei erfundenen Behauptung, gegen die man sich dann ausspricht, als Kontra-Redner melden darf, dann, so kann ich nur sagen, besteht ein starker Anreiz, so etwas zu tun. Herr Abgeordneter Haigermoser geht hier heraus, erfindet irgend etwas, was die Grünen angeblich gefordert hätten – was nicht der Fall ist, aber sei’s drum, es ist ja egal –, und sagt daraufhin: Ich bin dagegen, und deswegen bin ich ein Kontra-Redner! (Abg. Haigermoser: Es ist die Frage, wo!)

Ich meine, da hört sich der Spaß auf! Man sagt zum Beispiel: "Ich bin dagegen, daß es heute regnet." – Es regnet ohnehin nicht, aber das macht nichts. Ich bin einfach kontra eingestellt und habe das Recht, als Kontra-Redner selbst dann berücksichtigt zu werden, wenn ich einer Vorlage zustimme. – Das kann ja wohl nicht der Sinn der Geschäftsordnung sein! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Es ist ein Präjudiz! – Abg. Haigermoser: Sie sollten sich über den 30-S-Preis aufregen!)

Im übrigen verlangt der Abgeordnete Haigermoser Benzinpreise wie in den USA. (Abg. Ing. Langthaler – in Richtung Abg. Haigermoser –: Können Sie mir das irgendwo zeigen, wo das steht?) Treibhauseffekt und Klimaveränderung sind ihm völlig egal.

Die Freiheitlichen wollen auch die Lohn- und Einkommensteuer abschaffen. Die Finanzierung des Sozialstaates ist ihnen ebenfalls egal – macht nichts, da sind wir eben einmal kontra. Sie sind für eine faire Marktwirtschaft, aber absolut gar nichts mehr darf etwas kosten. – Auf diesem Niveau zu diskutieren, lehne ich einfach ab.

Meine Damen und Herren! Daß die Grünen nicht unbedingt Freunde der Mineralölwirtschaft sind, kann ich wohl als bekannt voraussetzen. Monika Langthaler und ich haben schon vor Jahren immer wieder auf die hohen sogenannten Nettopreise in Österreich hingewiesen. Das hat uns zwar den Groll der Mineralölwirtschaft eingetragen, hatte aber damals keine Reaktion von SPÖ oder ÖVP, auch nicht von seiten des Wirtschaftsministers, zur Folge. Selbstverständlich besteht der Verdacht auf ein enges Oligopol, besteht der Verdacht auf Preisabsprachen in der Mineralölwirtschaft, besteht der Verdacht auf Mißbrauch von Marktmacht. Aber wissen wir das erst seit gestern, seit gestern im buchstäblichen Sinne? (Abg. Dr. Kier: Man weiß eh, wie es funktioniert! Seit 15 Jahren!)

Seit 16 Jahren haben wir sogar einen ÖVP-Minister im Wirtschaftsressort. Was hat er unternommen? Was haben Sie und Ihre Vorgänger unternommen, Herr Bundesminister, im Bereich des Kartellrechts, im Bereich der Mißbrauchsaufsicht oder im Bereich der Monopolkontrolle, wie sie in anderen Ländern üblich ist? Herr Bundesminister, wie oft waren Sie in Brüssel und haben mit Kommissar van Miert darüber gesprochen, was in solchen Fällen zu tun wäre?

Sie haben am Anlaßfall Meinl-Übernahme wieder einmal festgestellt, daß die österreichische Mißbrauchsaufsicht und Monopolkontrolle nicht greifen und daß das nur über die EU möglich ist. Haben Sie das getan, oder nicht?

In diesen 16 Jahren, in denen das Wirtschaftsressort in den Händen der ÖVP gewesen ist, hat sich auch im Bereich der Preisaufsicht einiges getan. Herr Minister Farnleitner ist doch der erste, der sich daran erinnern müßte, daß es gute Gründe gegeben hat, aus denen die amtliche Preisregelung in Österreich für die verschiedensten Güter und Dienstleistungen, die sie einmal betroffen hat, schrittweise aufgegeben worden ist.

Herr Minister Farnleitner! Sie kommen doch aus der Wirtschaftskammer. Sie können sich sicherlich daran erinnern, daß vor rund zehn Jahren auch die Bemühungen der Paritätischen


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