Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 65

Ich bin nämlich auch Mitglied dieser Wirtschaftskammer und fühle mich in dieser Frage von ihr schon seit Jahr und Tag nicht vertreten. Die Wirtschaftskammer ist nämlich zweifellos nach dem Preisgesetz eine der antragsberechtigten Einrichtungen. Sie hat es aber bisher offenbar nicht für notwendig gehalten – auch die Landwirtschaftskammer im übrigen nicht –, entsprechende Anträge zu stellen, um den Herrn Bundesminister in die Lage zu versetzen, den § 5 des bereits bestehenden Preisgesetzes ordnungsgemäß anzuwenden.

Ich halte nur zu Gnaden, das ist immerhin etwas, was die Wirtschaftskammer hätte machen können. Sie hat es aber nicht gemacht, und zwar schon in den letzten zehn Jahren nicht, Herr Kollege Stummvoll. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Peter, Dr. Petrovic und Dr. Stummvoll.) Oder gibt es einen Antrag der Wirtschaftskammer in dieser Frage? – Mir ist keiner bekannt, es hat auch noch niemand darauf rekurriert, es gibt ihn also nicht.

Es gibt auch keinen Antrag des ohne Zweifel antragsberechtigten Bundesministers für Finanzen – von der anderen Couleur –, und es gibt auch keinen Antrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft – Ihre Couleur. Die Arbeiterkammer hat einen Antrag gestellt, das räume ich ein.

Was ist aber der Grund dafür, obwohl ohnedies ein Verfahren läuft, jetzt plötzlich diese Hektik aufkommen zu lassen? – Ich betone: Panik und Hektik! (Abg. Mag. Peter: Ich weiß es! Es gibt Wahlen!)

Es heißt, das Verfahren sei zu langsam. Jetzt sage ich, das Verfahren mag wohl langsam sein, aber – Herr Klubobmann Khol hat das in dankenswerter Weise ausgeführt; ich zitiere aus dem Gedächtnis – "es gibt in diesem Preisregelungsverfahren auch Kräfte, die bremsen".

Da gibt es einmal die Unternehmen, die es nicht gerne hätten, daß man ihre Preise reguliert, und diese werden sicher versuchen zu bremsen. Aber das sind nicht die Kräfte, die bremsen, sondern das sind die Kontrahenten in diesem Verfahren. Die Kräfte, die bremsen, sitzen nämlich in der Preiskommission. Und wer, glauben Sie, sitzt in der Preiskommission? – Die Kammern sitzen in der Preiskommission! Die Sozialpartner sitzen in der Preiskommission!

Die Sozialpartner haben also gebremst, und um die Bremse der Sozialpartnerschaft zu beseitigen, machen Sie einen Ritt quer über den Bodensee, über dünngefrorenes Eis, und ändern die Verfassung. Das ist interessant. Und die Sozialpartner stimmen bei ihrer eigenen Lächerlichmachung mit.

Ich bin der Meinung, das ist das einzig Schöne an der heutigen Debatte. Die Sozialpartner müssen jetzt, sofern sie Mandate haben – es sitzen ja nicht alle sozialpartnerschaftlichen Vertreter auf Mandaten –, schnell die Verfassung ändern, und zwar im Blitztempo! Wir haben das heute in der Morgendebatte schon erörtert. (Abg. Dr. Stummvoll: Jetzt werden die Sozialpartner einmal ausgeschaltet, und jetzt gefällt es Ihnen auch nicht! Ihr müßt euch entscheiden, was ihr wollt! Mit oder ohne Sozialpartner? Mit oder ohne?)

Herr Kollege Stummvoll! Weil die Sozialpartner, was wir seit Jahr und Tag sagen, nicht in der Lage sind, eine ordnungsgemäße Interessenpolitik zu machen, müssen sie sich jetzt erstmals in einem Verfassungsgesetz selber entfunktionalisieren, und das ist das einzig Schöne an diesem Gesetz. Sonst ist es überhaupt nicht schön, sondern es ist reiner ... (Abg. Dr. Stummvoll: Da müßten Sie doch applaudierend zustimmen!)

Schauen Sie, wir sind Kontraredner und bleiben auch dabei, aber ich darf trotzdem eine kleine positive Facette hervorheben. Ich gehe davon aus, daß die Sozialpartner hier wie ein Mann und eine Frau zustimmen werden. Sie werden bei ihrer eigenen Entfunktionalisierung im neuen § 5a zustimmen und haben damit eine kleine Schneise geschlagen – leider an einer sehr untauglichen Stelle, nämlich an einer Stelle, wo gleichzeitig die Marktwirtschaft ad absurdum geführt wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz.)

Herr Kollege Maitz! Das mag Ihnen unangenehm sein, weil Sie auch ein Mitglied dieses merkwürdigen verkammerten Systems sind. Ich bin Zwangsmitglied in dieser Kammer, und ich fühle


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