Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 72

soll, gerade wenn es um Grundrechte geht, dann nur so aus Jux und Tollerei und ohne Notstand – ohne Notstand! – diese über Nacht irgendwie kippen. (Abg. Schwarzenberger: Sie haben einen Notstand, weil Ihnen die Wähler davonlaufen!)

Und das mit einer Begründung, die meiner Ansicht nach wirklich abenteuerlich ist. Sie sagen in der Begründung – da sind Sie ja noch relativ ehrlich –, es droht sonst großer volkswirtschaftlicher Schaden. (Abg. Mag. Mühlbachler: Natürlich!) Andererseits sagen Sie, seit vielen Jahren ist das so. – War das seit vielen Jahren kein volkswirtschaftlicher Schaden? Wieso ist der volkswirtschaftliche Schaden über Nacht so groß geworden? Komisch, ganz merkwürdig. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das habe ich ganz ausführlich dargelegt!)

Es scheint irgend etwas mit dem Wahljahr zu tun zu haben, Herr Kollege Mühlbachler. Anders kann ich mir das nicht mehr erklären. (Abg. Mag. Mühlbachler: Es geht um das Ansehen des Parlaments!) Dieser große volkswirtschaftliche Schaden scheint eine große Angst der ÖVP vor den Wählerinnen und Wählern zu sein. Das ist es doch, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie sind so nervös, weil Ihnen die Wähler davonlaufen! In Salzburg sind Sie halbiert worden!) Das schauen wir uns noch an!

Hier in Ihren Erläuterungen sagen Sie selbst, es ist ein gravierender Eingriff in die Erwerbsfreiheit der betroffenen Unternehmer. Ein gravierender Eingriff in die Erwerbsfreiheit! Mit der Stimme der Wirtschaftskämmerer? Das ist doch merkwürdig. So ein Gesetz hätte ich mir in der DDR erwartet, hätte ich mir in Nordkorea erwartet. Aber heute von der ÖVP? Das überrascht mich wirklich. (Abg. Tichy-Schreder: Immer diese Unterstellungen!) Noch dazu, wo Sie selbst sagen, es bedarf eines Verfahrens, sonst ist es verfassungswidrig, menschenrechtswidrig, auch in Straßburg anzufechten.

Was ist denn das für ein Verfahren? – Das kann doch wohl nur ein betriebswirtschaftliches Kalkulationsverfahren sein. Wie wollen Sie denn das machen? (Abg. Mag. Mühlbachler: Wenn die Preise überhöht sind bei der Mineralölwirtschaft!) Mit Verlaub sage ich Ihnen das als ehemaliges Mitglied dieser Paritätischen Kommission, aus der ich aufgrund meines aktenmäßigen Ersuchens ausgeschieden bin, weil ich das so nicht für machbar gehalten habe.

Herr Bundesminister! Jetzt kommen Sie damit nach so vielen Jahren, in denen die ÖVP uns immer sozusagen getrommelt hat von mehr Markt, von Liberalisierung und davon, daß der Markt es bringen wird? – Sie, Herr Bundesminister, haben gerade vorhin gesagt, Sie wollen Signale aussenden, und jetzt senden Sie auf einmal in Vorwahlzeiten so ein Signal aus à la DDR, à la Nordkorea? Jetzt reglementieren wir es, jetzt führen wir Tarife ein, wie Kollege Kier richtig gesagt hat? Auf einmal kommt das daher? (Abg. Tichy-Schreder: Ihre Rede ist "blendend"! – Abg. Schwarzenberger: Ihre Rede werden wir bei allen Wahlveranstaltungen zitieren!) Die ganze Zeit senden Sie ganz andere Signale aus: Die OMV kann machen, was sie will, die Wirtschaft kann machen, was sie will, die Bürgerinnen haben keine Rechte.

Das begründe ich, wie folgt: Herr Bundesminister, diese merkwürdige Auslegung gegen den Buchstaben des Gesetzes ist ja kein Einzelfall. Mit Verlaub und in aller Form: Für Auslegung besteht dann ein Raum, wenn die Worte des Gesetzgebers – der Präsident weiß dies und hört aufmerksam zu – in irgendeiner Form der Präzisierung bedürfen. Der § 5 Abs. 1 und 2 und der § 9 sind sonnenklar. Es gibt keine Auslegung, Herr Bundesminister, gegen den Buchstaben des Gesetzes. Sie können sich in Ihrer Fraktion stark machen, Sie können eine Regierungsvorlage machen, um das Gesetz zu ändern, aber Sie können nicht sagen: Wir haben das immer so irgendwie anders verstanden. (Abg. Dr. Stummvoll: Warum sind Sie so aufgeregt, Frau Kollegin?) – Herr Kollege Stummvoll, die Aufregung wird eher Ihre Betriebe betreffen, denn das ist schon ein einzigartiges Verfahren. (Abg. Schwarzenberger: Weil Ihnen die Wähler davonlaufen!)

Im § 5 Abs. 2 heißt es, jede der im § 9 Abs. 2 genannten Stellen kann diesen Antrag stellen – jede! –, und im § 9 Abs. 2 wird insbesondere der Vorsitzende genannt. Ganz merkwürdig! Eine Auslegung eines Ministers gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes ist gesetzwidrig, ist verfassungswidrig und ist ein Bruch der Rechtsordnung durch den Bundesminister.


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