Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 104

Dieses Steuerpaket wird nicht einmal den von der Bundesregierung selbst formulierten Zielsetzungen gerecht und verdient deshalb den Titel Reform nicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie die nun vereinbarten Steuerkorrekturmaßnahmen gemessen an Ihren eigenen ambitionierten Ankündigungen und Vorgaben?

a) in Hinblick auf die Ökologisierung des Steuersystems?

b) in Hinblick auf die zugesagte steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit?

c) in Hinblick auf eine Verschiebung der Steuerlast von der Arbeit zum Kapital?

d) in Hinblick auf die versprochene Steuervereinfachung?

2. Sind Sie der Ansicht, daß das nun vorgelegte Papier zur ‚Steuerreform‘ den Ergebnissen der jahrelangen Arbeit der Steuerreformkommission entspricht?

3. Der Präsident der Arbeiterkammer Tumpel meinte in einer Aussendung vom 17.3.1999 zu Recht: ‚Wenn sich die Steuerreform wirklich Reform nennen wolle, müsse sie auch strukturelle Änderungen bringen, die beschäftigungswirksam werden. Dringend sei die Entlastung der Arbeit von Abgaben. Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch, alle haben sich dazu bekannt, daher muß das auch Bestandteil der Steuerreform werden.‘ (Pressedienst der AK, PAK 71, 17.3.1999)

Warum haben Sie diese grundsätzlich richtige Forderung von Präsident Tumpel nicht erfüllt?

4. Der Anteil der lohnsummenabhängigen Abgaben beträgt gegenwärtig 2,8% des BIP und ist damit um fast 2,5 Prozentpunkte höher als der Durchschnitt der EU-Länder. Daran werden die vorgeschlagenen Maßnahmen nichts ändern.

Meinen Sie nicht, daß sich Österreich mit dieser steuerlichen Belastung der Arbeitskraft schon längst außerhalb des vielbemühten europäischen Gleichklangs bewegt?

5. Durch welche steuerlichen Maßnahmen werden Sie den Vorgaben der EU nach Reduktion der Steuer- und Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit im Rahmen des Nationalen Beschäftigungsplanes nachkommen?

6. Wie begründen Sie den sozialen Bedarf einer jährlichen Steuerentlastung bei Bruttomonatseinkommen von S 100.000,-- im Ausmaß von S 7000,--, während Monatseinkommen von S 15.000,-- mit nur S 4075,-- entlastet werden und für die längst notwendige Erhöhung des Karenzgeldes offenbar keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen?

7. Wie hoch ist die steuerliche Entlastung bei einem Ministergehalt, verglichen mit der Entlastung bei einem Einkommen von S 20.000,-- monatlich, und wie begründen Sie die Differenz?

8. Seit der Abschaffung der Vermögensteuer im Jahr 1994 ist Österreich bei der Vermögensbesteuerung endgültig Schlußlicht unter den OECD-Staaten geworden. Nach Schätzungen der Arbeiterkammer Wien ist das private Vermögen der Haushalte mit rund 6.000 Milliarden Schilling etwa doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt.

Halten Sie es für verteilungspolitisch vertretbar, daß Österreich mit dem nun vorgelegten Steuerpaket an der Schlußlichtposition innerhalb der OECD festhält?

9. In Zusammenhang mit der Abschaffung der Vermögensteuer meinte der Vorsitzende des Finanzausschusses Prof. Nowotny am 13.9.1993 in der ‚Presse‘: ‚Es ist für uns völlig klar, daß im Parlament die Steuerreform nicht beschlossen werden kann ohne eine politisch verbindliche Erklärung, was mit der Erbschaftsteuer geschieht.‘


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