Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 108

wenn gleichzeitig vereinbart wird, im Bereich der Erbschaftsbesteuerung etwas zu machen. Du weißt ebensogut wie ich, daß Kollege Farny von der Arbeiterkammer das Vermögen in Österreich im Bereich der Privathaushalte auf rund 6 000 Milliarden Schilling schätzt. Ein halbes Prozent davon wären 30 Milliarden Schilling. Diese hätte man für wirklich dringende Anliegen verwenden können.

Was passiert im Rahmen des jetzt vorliegenden Papiers? – Die Erbschaftsteuer wird weiter ausgehöhlt. Ich frage mich: Hat die SPÖ damit endgültig die Frage der Erbschaftsbesteuerung in Österreich aufgegeben oder nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Tarifreform, die heute vorliegt. Ja natürlich sollen die unteren und mittleren Einkommen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer entlastet werden. Dieses Ziel haben auch wir immer verfolgt und als richtig bezeichnet. Es wäre mehr machbar gewesen, wenn Sie sich getraut hätten, entweder im Bereich der Energiebesteuerung oder im Bereich der Vermögensbesteuerung gegenzufinanzieren. Daß das möglich ist, haben auch die Grünen mit ihrem Energiesteuerkonzept gezeigt, nämlich daß es möglich ist, die unteren Einkommen im Rahmen einer solchen Reform deutlich zu bevorzugen.

Vom jetzigen Vorschlag, den Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Mitte der Woche vorgelegt haben, wird behauptet, er sei sozial ausgewogen, er enthalte eine Begünstigung unterer und mittlerer Einkommen. Letzteres ist richtig, aber warum verschweigen Sie dauernd den zweiten Teil der Tarifreform?

Also gut, ein Hilfsgärtner zum Beispiel, der durchaus in Österreich heute immer noch bei 11 000 S brutto im Monat verdienen kann, wird durch diese Steuertarifreform, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, mit 1 500 S jährlich entlastet, und eine Hilfsarbeiterin mit 12 000 S brutto im Monat wird mit 2 500 S jährlich entlastet. – So weit, so schlecht in gewisser Hinsicht, denn warum entlasten Sie den Direktor mit 100 000 S brutto im Monat mit 7 000 S jährlich und auch den Generaldirektor, der wohl kaum einen Sozialfall darstellt, mit 300 000 S im Monat ebenfalls mit 7 000 S jährlich? (Abg. Schwarzenberger: Oder Universitätsprofessoren!) Auch, oder Abgeordnete. Mir ist egal, welches Bild Sie nehmen. (Abg. Schwarzenberger: Ihn betrifft es dann doppelt!)

Dankenswerterweise haben Sie in Ihrem Reformprogramm diese Entlastung graphisch deutlich dargestellt: daß nämlich die Entlastung durch die Steuerreform bei den oberen und obersten Einkommen am größten ist. Das nennen Sie "sozial ausgewogen"! 7 000 S Steuerentlastung für die Hilfsarbeiterin und null Schilling Steuerentlastung für den Generaldirektor, das wäre sozial ausgewogen gewesen! (Beifall bei den Grünen.)

Auch den seinerzeitigen Vorschlag von Finanzminister Edlinger mit dem einheitlichen Absetzbetrag von 4 000 S hätte man immer noch als Kompromiß akzeptieren können im Vergleich zu dem, was jetzt vorliegt.

Meine Damen und Herren! Das Finanzministerium hat sich bemüht, Sachverstand zu organisieren, eine Steuerreformkommission einzusetzen, und diese hat fast zwei Jahre gearbeitet und im November ihren Bericht mit fast 100 Seiten vorgelegt. Ihre Mitglieder kamen aus den Universitäten, waren Sektionschefs des Ministeriums, Vertreter der Sozialpartnerschaft, der Kammern, des ÖGB und der Industriellenvereinigung, also im wesentlichen großkoalitionär mit Ergänzung durch die Sozialpartner.

Die Steuerreformkommission sagt am Anfang ihres Berichts: "Der folgende Bericht darf nicht als das Modell einer Steuerreform verstanden werden, sondern als ein Angebot einer Vielzahl von Reformmöglichkeiten. Welche dieser Maßnahmen konkret umgesetzt werden, muß den politischen Entscheidungsträgern vorbehalten werden."

Zu der Aussage "Welche dieser Maßnahmen konkret umgesetzt werden ...": Es wird keine einzige dieser Maßnahmen konkret umgesetzt. Ich kann jedem Spezialisten in Österreich nur empfehlen, sich einer so unbedankten Arbeit in Zukunft nur gegen hohes Gehalt auszusetzen, weil ja diese Arbeit in den Bibliotheken der Universitäten verschwindet. Buchstäblich nichts von


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