Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 116

Aber ich glaube, daß dann auch ein großes Moment des Anreizes gegeben wäre, nämlich selbst darüber zu disponieren, wie hoch letztlich unterm Strich die eigene Steuerbelastung ist. Diejenigen, die dazu bereit wären, energiesparende Investitionen durchzuführen, vielleicht auch Haushaltsgeräte zu überprüfen und ähnliches, hätten einen echten Anreiz, das zu tun.

Zum anderen hätte dieses Modell wahrscheinlich auch im Bereich der Wirtschaft mehr bewirkt als die diesbezüglichen kleinen, mit der Lupe zu suchenden positiven Facetten des vorliegenden Entwurfes. Alexander Van der Bellen hat es ja gesagt: Es ist nicht so, daß wir da völlig schwarzweißmalen, daß wir sagen, das sei nur Makulatur und nur schlecht, sondern so, daß wir durchaus die Entlastungen im Lehrlingsbereich, im Forschungsbereich und auch bei der Filmförderung sehen. Aber dennoch denke ich: Diese Maßnahmen in Kombination mit einer wirklich deutlicheren Entlastung der Lohnnebenkosten, mit einer wirklichen Gewichtsverlagerung im Steuersystem, weg von der Belastung der Arbeit hin zur Belastung der Energie – über alles –, sind, wie gesagt und entgegen aller Polemik, aufkommensneutral.

Das hätte in Österreich vor allem die Dienstleistungsbetriebe und jene Betriebe begünstigt, die einen hohen Anteil an Lohn- und Gehaltskosten oder zum Beispiel auch einen hohen Anteil an Forschungskosten haben. Forscherinnen und Forscher sind – Gott sei Dank und zu Recht – gut bezahlte und hochqualifizierte Menschen, und umso stärker hätten diese Betriebe, die in Forschung und Entwicklung investieren, auch Vorteile einer grünen, einer ökologischen Steuerreform gespürt. Wir haben das ... (Abg. Dr. Lukesch: Die Forscher kosten nichts, Frau Kollegin?) – Bitte? (Abg. Dr. Lukesch: Die Labors und die wissenschaftlichen Geräte sind kostenlos zu haben?) – Die sind nicht kostenlos zu haben, Herr Kollege Lukesch. Ich gebe Ihnen gerne unser Steuermodell, aber unter dem Strich würden sie besser aussteigen.

Wir haben das bei über 50 österreichischen Unternehmen durchgeprüft, die so freundlich – sage ich jetzt einmal – waren, anders als die OMV, uns ihre Kalkulationen völlig zugänglich zu machen. Sie haben uns wirklich ihre Buchhaltungen, ihre Kostenrechnungen geöffnet und haben gesagt: Bitte, schaut euch das für unseren Bereich an und rechnet das durch!

Wir haben das bei 51 österreichische Unternehmen gemacht. Ich weiß das konkret vor allem aus den Durchrechnungen bei den niederösterreichischen Betrieben, die ich mir im Detail angeschaut habe. Es hat sich gezeigt, daß diese Unternehmen jedenfalls alle einen Vorteil dadurch gehabt hätten. Ich weiß schon, daß natürlich jene, die mit uns kommunizieren, eher solche sind, die einen Vorteil daraus hätten – ist wohlverstanden –, aber die Palette dieser Unternehmen reichte von einem Landeskrankenhaus über einen Software-Betrieb bis hin zu einem Erzeuger alternativer Energieaggregate und Wärmeerzeugungssysteme. Es war eine erstaunliche, aber jedenfalls eine sehr interessante Unternehmenspalette. Diese Unternehmen hätten unter dem Strich gewaltige Vorteile gehabt.

Es ist ganz klar – und wir Grüne haben nie ein Hehl daraus gemacht –, daß unser Modell auch Nachteile hat beziehungsweise Verlierer kennt. Daß gewisse Teile der Grundstoffindustrie, daß die Schotterbarone keine sehr große Freude mit dem Modell haben, wissen wir. Aber es liegt auch an der Regierung, zu entscheiden, wohin sie unsere Wirtschaft steuern will – im Sinne von einem Steuerrad – und ob sie glaubt, daß die Zukunft der österreichischen Wirtschaft eher im High-Tech-Bereich, eher bei den Energieoptimierern, eher bei den Dienstleistern oder mehr bei den Schotterbaroninnen und -baronen liegt. Da wäre eine Entscheidung zu treffen, und ich denke, diese Entscheidung ist wieder, so nach dem Motto: Na ja, wir wollen es uns mit keiner Seite wirklich verscherzen!, ausgeblieben. Das finde ich als Grüne sehr traurig! (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Aspekt – neben dieser fehlenden Ökologisierung – ist meiner Meinung nach der fehlende feministische Akzent. Ich war gestern im Bundeskanzleramt bei einer Debatte über künftige Modelle zur Förderung von Kindern, Familien und Frauen. Es hat sich ganz schnell herausgestellt, daß es zwei große Modelle gibt: ein Modell, das vor allem einen Familienerhalter als Vollerwerbstätigen fördert, also den "big spender", der die Familie erhält, und ein ganz anderes Modell – tendenziell ein skandinavisches Modell –, das vor allem die Individualisierung auf


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