Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 118

Vielleicht stehen wir hier wieder vor Überraschungen, und Sie werden diese Steuerreform erheblich loben. Das würde mich nur freuen. (Abg. Böhacker: Herr Professor, eine Viertelstunde noch!) Aber wenn ich davon ausgehe, was Sie zumindest in Presseaussendungen verlautbart haben, so glaube ich nicht daran. Es war Ihre Kritik dahin gehend, daß diese Steuerreform nicht groß genug sei, daß diese Steuerreform nicht mutig genug sei, und das erinnert mich an den alten Spruch beim Kartenspiel, bei dem es immer heißt (Abg. Dr. Khol: Bei welchem Kartenspiel?) – generell –: Dem Kiebitz ist kein Einsatz hoch genug. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt!) – Und so ist es auch in diesem Fall: Für Parteien, die keine Verantwortung zu tragen haben, geht eine Steuerreform natürlich immer zuwenig weit. Da kann man immer mehr verlangen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Aber für Parteien, die in Regierungsverantwortung stehen, ist es schon sehr wichtig, daß das eine Steuerreform ist, die gesamtwirtschaftlich ins Bild paßt und die auch wirklich solide finanziert ist. (Abg. Böhacker: Ihre Steuerreform ist eine Pokerpartie?) Das ist in diesem Fall geschehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jener Kritikpunkt, der soeben eine große Rolle gespielt hat, war der, daß das keine ökologische Steuerreform sei. Nun muß man natürlich dazusagen, daß man umweltpolitische Maßnahmen ja nicht nur über Steuermaßnahmen setzen kann. Es gibt eine Fülle von entsprechenden Maßnahmen in Österreich, und Österreich ist ja in bezug auf ökologische Erfolge an der Spitze Europas anzusiedeln.

Was aber die Steuerreform selbst betrifft, so darf ich Sie daran erinnern – oder wenn Sie den diesbezüglichen Bericht durchlesen, dann werden Sie es feststellen können –, daß die Steuerreformkommission zwei Modelle studiert hat. Es hat sich auch Herr Kollege Van der Bellen selbst sehr ausführlich und sehr positiv mit der Arbeit der Steuerreformkommission beschäftigt.

Das eine Modell ist jenes, das sie das "große Modell" nennt. Dabei handelt es sich um ein Modell, das nicht unwesentlich auch unter Mitwirkung von Experten aus dem grünen Klub entstanden ist. Das ist ein Modell, das massive Erhöhungen der Energiepreise, aber als Ausgleich Kompensation durch einen Ökobonus vorsieht. Dieses Modell wurde hier auch tatsächlich sehr sorgfältig analysiert.

Ich darf Ihnen jetzt die auf Seite 16 stehende Schlußfolgerung der von Ihnen selbst angeführten Steuerreformkommission vorlesen. Die Schlußfolgerung lautet folgendermaßen:

Die Kommission vertritt letztlich die Auffassung, daß das "große Modell" im vorgeschlagenen Umfang, ohne nähere Kenntnis der allokativen, distributiven und standortwirksamen Effekte, derzeit nicht empfohlen werden kann. – Zitatende.

Sie tun immer so, als ob sich die Steuerreformkommission dafür ausgesprochen hätte. – Eben nicht! Sie hatten die Chance, daß Ihr Modell wirklich fair geprüft worden ist, und das Ergebnis war: Das Modell klingt zwar schön, ist aber nicht realistisch. – Das ist die Antwort der Steuerreformkommission, und ich glaube, dazu sollten Sie sich auch bekennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es bleibt jetzt ein zweites Modell – das ist das sogenannte kleine Modell –, und das heißt einfach: Erhöhung der Treibstoffkosten, Erhöhung der Heizkosten. Dazu muß ich schon sagen: Da haben wir Sozialdemokraten eine sehr klare Position. Wir sind nicht dafür, daß wir eine Situation haben, in der auf der einen Seite die Arbeitnehmer durch Steuersenkungen entlastet werden und auf der anderen Seite diese Steuersenkung dann wieder durch Erhöhungen bei den Treibstoffpreisen, bei den Wohnungskosten und anderen wieder aufgefressen wird. Das ist etwas, durch das sich die Bevölkerung zu Recht verschaukelt vorkommen würde. Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen!

Wir haben daher eine Steuerreform gewählt, die meiner Meinung nach einen sehr klaren Schwerpunkt gesetzt hat, nämlich eine echte – und nicht pseudomäßige – Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Und dazu stehen wir auch! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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