Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 200

Wenn ich mir Ihren heutigen Entschließungsantrag anschaue, dann muß ich sagen: Das ist nichts anderes als ein Appell. Man übersieht ganz bewußt und ganz massiv, daß wir eigentlich eine historische Chance nicht nutzen wollen. Österreich hat im Rahmen der EU gewisse Rechte, Vetorechte und Dirimierungsrechte. Österreich kann wirklich Bedingungen stellen, beispielsweise wenn sich ein beitrittswilliges Land der Staatengemeinschaft anschließen möchte. Doch was machen wir? – Wir stellen einen Entschließungsantrag an die Bundesregierung und glauben, sozusagen mit Hilfe eines naiven Appells der Atomlobby entgegentreten zu können. Das ist doch überhaupt nicht der Fall!

Interessanterweise kommt dann Frau Bundesministerin Prammer und sagt, daß es ihr dank ihres Verhandlungsgeschickes gelungen sei, die Franzosen auf ihre Seite zu bekommen. – Erinnern Sie sich: Jospin hat noch vor einem Jahr zwei Kernkraftwerke, die defekt waren, auf dem Verordnungsweg in Kraft gesetzt, weil er Angst hatte, daß man sonst im Winter der Versorgung nicht nachkommen kann. Und wer spricht heute von Tricastin? – Vor einigen Tagen gab es einen Reaktorunfall in Tricastin! Ein Mensch ist völlig verstrahlt, und dieser Unfall und auch die Gefährdung dieses Menschen wurden sozusagen nur in Stufe II eingereiht.

Ich finde, die ganze Diskussion, die wir hier führen, und die Forderungen, die wir stellen, sind nur hypothetisch und naiv – so wie wir ähnliche Forderungen in der Bauerndiskussion erhoben haben –, aber in Wahrheit handeln wir, ohne der Realität ins Auge zu blicken. Ich denke, wir müssen vehement, mit jeder Akribie, die uns zur Verfügung steht, versuchen, neue Wege aufzuzeigen.

Österreich als Land mit einer bemerkenswerten Vergangenheit im Zusammenhang mit der Kernenergie – ich denke nur an Zwentendorf – hätte die historische Chance, im Rahmen der Staatengemeinschaft eine Vorbildstellung einzunehmen, auch wenn es darum geht, ganz klare Forderungen nicht nur zu formulieren, sondern deren Einhaltung zu erwarten und zwingend vorzuschreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir dürfen nicht einfach nur herumpalavern und sagen, wir sind die Besten, wir fahren nach Temelin, wir fahren dorthin, wir fahren dahin, aber letztendlich nur mit reinen Lippenbekenntnissen zurückkommen. Es ist meines Erachtens in dieser elementaren, wichtigen, vitalen Frage für die europäische Gesellschaft beziehungsweise für die ganze Welt notwendig, daß man ganz klare und deutliche Forderungen formuliert und deren Einhaltung einfordert und nicht einfach bloße Lippenbekenntnisse abgibt.

Hohes Haus! Ich komme nochmals auf die historische Chance zurück. Kollege Schweitzer hat mit seinem Entschließungsantrag und dem Junktim, das er dabei verwirklichen wollte, die Sache genau auf den Punkt gebracht. Mit schönen Worten, Frau Kollegin Petrovic, und mit naiven Ansagen und Besuchen in Tschechien, wo man hinfährt und glaubt, als kleine Oppositionspartei in diesem Staat vielleicht mit Versprechungen von Geschenken einen Termin zu bekommen, ist niemandem geholfen! Ich erwarte mir von unseren Ministern und von unseren Vertretern in Brüssel, die die Entscheidung treffen dürfen, ein ganz klares Nein zu dieser Atomenergie und ganz klare Forderungen, wie die Konzepte auszusehen haben, wenn die neuen beitrittswilligen Staaten beitreten möchten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

21.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zuerst dir, Kollege Oberhaidinger – du bist Gott sei Dank anwesend –, sagen, daß es erstaunlich ist, daß du dich immer wieder auf jene Regelung zurückziehst, wonach die Energiewirtschaft nationalstaatlich zu regeln ist. Wir sprechen hier nämlich über Tschechien, und das, was du meinst, betrifft zwar die EU, aber sicherlich nicht die Beitrittskandidaten!

Im übrigen steht es im Widerspruch zu dem, was deine Ministerin Prammer gesagt hat, daß nämlich beim Wiener Gipfel des EU-Rates – und das hat sie als tollen Erfolg dargestellt – die


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