Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 37

bewerbes keine großen Meriten erworben hat. (Abg. Mag. Peter: Sie ist eben doch ein Gewerbeschutzverein!)

Ich kann mich noch daran erinnern, daß Ende der achtziger Jahre – damals war ich noch ein guter Sozialist – bei einer Besprechung im Finanzministerium Finanzminister Lacina, als es um die Frage ging, ob Österreich der EU beitreten soll oder nicht – damals war ich noch ein großer Skeptiker –, sagte: Aber anders, weißt du, lassen sich die verkrusteten Strukturen in Österreich nicht aufbrechen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das stimmt!) Ich wußte damals nicht so genau, was er meinte. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das stimmt!) Ich habe schon assoziiert: Mag sein, daß es um den Raiffeisensektor, den Nahrungsmittelsektor und so weiter geht – ich möchte das jetzt aber gar nicht im Detail aufbereiten. Im Grunde hatte er recht: Erst durch den EU-Beitritt ist es gelungen, diesen Teil verkrusteter Strukturen aufzubrechen. Bei anderen stehen wir erst am Anfang.

Herr Minister Farnleitner! Hoffen wir das Beste! Sie haben gesagt, die Kartellgesetznovelle wird dem Grundsatz folgen: Wie schützt man den Wettbewerb? und nicht wie bisher: Wie schützen wir die Mitbewerber vor dem Wettbewerb? – Das wäre ein totaler Bruch mit der österreichischen Tradition.

Ich wünsche Ihnen in dieser Beziehung alles Gute und werde mich freuen, wenn ich mich von Ihnen positiv überraschen lassen kann. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

10.51

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Es drängt mich, einige Klarstellungen zu machen. Ich stimme mit Professor Van der Bellen und anderen völlig überein – ich war ja selbst Teil des Systems, wie viele hier im Saal –: Wir haben bis etwa zum Jahre 1991 die Preise von 200 wichtigen Sektoren in Österreich über den Preisunterausschuß der Paritätischen Kommission preisgeregelt, weil es damals State-of-the-art in der österreichischen Wirtschaftspolitik war, daß die Sozialpartner gemeinsam die volkswirtschaftliche Rechtfertigung von Preisen festgelegt haben. Das ist Teil auch meiner beruflichen Karriere gewesen, und wir sind im internationalen Vergleich in sehr unsicheren Zeiten damit nicht schlechtgefahren.

Dasselbe ist es mit der Erfahrung, die Herr Professor Van der Bellen zitiert hat: Es war unter den Sozialpartnern nie umstritten, daß der Beitritt zur Europäischen Union ein notwendiges Vehikel ist, um die bis dahin etablierten Strukturen auch tatsächlich zu liberalisieren. Das ist bei der Marktordnung passiert: 100 eingetragene Preis- und Quotenkartelle sind verschwunden, wir haben ja keine eingetragenen mehr.

Nochmals: Zwei Dinge zum neuen Kartellgesetz sage ich ganz deutlich: Einer der wichtigsten Punkte im neuen Kartellgesetz ist, daß die Verhaltenskartelle künftig dem Verbotsprinzip unterworfen werden. Damit sind die berühmten abgestimmten Verhaltensweisen nicht mehr so einfach zu zelebrieren, wie es bis jetzt war.

Der zweite Punkt, den ich anmerken möchte, um ein Mißverständnis auszuräumen, ist folgender: Es war ja nicht so, daß die Unternehmen seit dem Kartellgesetz 1988 kein Klagerecht gehabt hätten. Der Punkt ist nur, wenn Sie die österreichische Marktstrukturierung ansehen: Wer traut sich denn zu klagen? Zum anderen hat es immer geheißen, wir werden schon keinen Richter brauchen. Daher wird lieber hundertmal interveniert.

Wenn nun ein Umbruch im System in der Weise erfolgt, daß ein anders konstruiertes Kartellgericht, daß eine anders zuarbeitende Behörde etabliert werden, so wird das anders sein.


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