Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 81

Die Völkergemeinschaft hat sich nach 1945 vorgenommen, daß so etwas in Europa nie wieder vorkommen darf, daß so etwas rund um den Globus nie wieder vorkommen darf. (Abg. Schieder: Sie hat sich aber auch vorgenommen, das rechtlich abgesichert zu machen!)

Wenn das Recht aber nicht weit genug reicht, wenn das Recht in Wahrheit machtlos wird, weil in dem betreffenden Gebiet bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden, dann muß man dem entsprechend begegnen. Das ist unsere felsenfeste Überzeugung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dritter Punkt. Herr Kollege Schieder, Sie sind mein Zeuge, und alle Mitglieder dieses Hauses sind meine Zeugen, Herr Vizekanzler. Wir haben x-mal verlangt, daß man Völkermord und Vertreibung auch nach Jahrzehnten noch an den Pranger stellt. Wir haben gefordert, daß man mit den betreffenden Staaten in ein Gespräch eintritt und fragt, wie es in ihrer Rechtsordnung aussieht.

Herr Vizekanzler, Sie haben uns damals – ich bin Ihnen deswegen nicht gram, aber viele Vertriebene sind Ihnen deswegen sehr wohl gram – vorgeworfen, es sei Rabaukenpolitik, als wir verlangt haben, mit den Tschechen, mit den Slowenen zuerst über die Abschaffung der AVNOJ-Bestimmungen ... (Abg. Scheibner: Da sind wir gerne Rabauken, wenn das eine Rabaukenpolitik ist!) – Richtig, ich fühle mich als "Rabauke" regelrecht ausgezeichnet. Wenn das Rabaukenpolitik ist, dann ist das eine Auszeichnung, Herr Vizekanzler.

Ich sage Ihnen: Wenn man verlangt, daß diese Staaten zuerst ihre Unrechtsgesetze außer Kraft setzen, bevor sie in eine neue Rechtsgemeinschaft hinein können, wenn die EU eine solche sein will, dann ist das bitte nur legitim! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es soll jedes Land wissen, daß sich jeder Staat mit seiner gesamten Geschichte vor der Völkergemeinschaft und vor der Staatengemeinschaft zu verantworten hat! Es darf nicht möglich sein, daß man Jahrzehnte zuvor begangenes Unrecht einfach in der Rechtsordnung für totes Recht erklärt und sagt, im übrigen sehen wir überhaupt nicht ein, daß das etwas ist, wofür wir uns vor der Völkergemeinschaft zu entschuldigen haben und daß das eine Geschichte ist, der wir uns zu stellen haben.

Herr Vizekanzler! (Der Redner hält Zeitungsartikel mit Photos in Richtung Regierungsbank.) Schauen Sie: Diese Bilder gleichen einander alle. Das sind zum Beispiel Aufnahmen aus dem Jahre 1945, und das hier sind Aufnahmen aus dem Jahre 1999. Sie sind deckungsgleich! Nur die Kleidung hat sich ein bißchen geändert, und die Fahrzeuge sind ein bißchen anders geworden. Es ist deckungsgleich, was da im Jahre 1945 stattgefunden hat und was jetzt im Jahre 1999 stattfindet.

Daher ist es gut, Herr Vizekanzler, daß das Europäische Parlament vergangene Woche den Mut hatte, das zu sagen, was wir schon längst verlangt haben – in zahllosen Anträgen seit dem Jahre 1993 –: Tschechien kann mit den Beneš-Dekreten nicht in die Europäische Union aufgenommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Vizekanzler! Sie haben das abgelehnt. Erkennen Sie diesen Fehler! Schwenken Sie auf diese Politik der EU ein! Ich möchte Sie überhaupt ersuchen, in Menschenrechtsangelegenheiten mehr Mut an den Tag zu legen. Es kann nicht akzeptiert werden, daß Völkermord verjährt. Es kann nicht akzeptiert werden, daß Völkermord entweder hinsichtlich der Vergangenheit oder hinsichtlich aktueller Geschehen toleriert wird. Das hat auch der Herr Bundeskanzler gesagt. Nur: Wenn es um die Tschechen und um die Slowenen geht, dann ist das alles anscheinend kein Thema mehr.

Meine Damen und Herren! Daher sollte jeder Diktator wissen – das muß derzeit auch der Herr Pinochet erfahren –, jeder Staat und jedes Volk müssen wissen: Man muß geradestehen dafür, wenn man die Menschenrechte mit Füßen tritt! Daher ist es richtig, wenn heute die Staatengemeinschaft entschlossen dem Herrn Milošević und seinen Schergen entgegentritt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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