Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 80

13.46

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Schieder – an Frau Kollegin Petrovic möchte ich mich da gar nicht wenden, weil ich bei ihr nicht mehr die Hoffnung habe, daß sich ihre Meinung ändert –, daß das heute nicht die Stunde von offenen oder verdeckten Antiamerikanismen sein soll, die man hier forttragen sollte.

Herr Kollege Schieder, seien Sie mir nicht böse, aber es mutet zynisch an, wenn man angesichts von Massentötungen, angesichts von Völkermord, darauf hinweist, daß das Völkerrecht nicht ganz beachtet wurde, daß der Sicherheitsrat nicht funktioniert hat, daß wir warten müssen, bis der Sicherheitsrat endlich funktioniert, weil es mit den Chinesen und mit den Russen nicht "hinhaut".

Es ist in diesem Zusammenhang überhaupt zynisch, Herr Kollege Schieder, von ethnischer Säuberung zu sprechen. (Abg. Schieder: Warum ist das zynisch?) Das ist zynisch, weil in der Zwischenzeit Zigtausende Opfer auf der Strecke bleiben (Beifall bei den Freiheitlichen) – Frauen, Kinder, Greise, Mütter, Männer –, Zigtausende Opfer!

Es ist zynisch, wenn man sagt, die UNO wird, so wie das in Bosnien der Fall war, eingreifen. – Und dann stehen die Soldaten daneben und schauen zu, wie Frauen umgebracht werden und Kinder dahingeschlachtet werden. Das ist Zynismus!

Da überlagert – das muß man doch offen zugeben; ob man jetzt zu Amerika positiv oder negativ steht, spielt keine Rolle – mittlerweile ein Menschenrechtsbellizismus einfach unser Völkerrecht. Wenn das Grundrecht auf Heimat, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Person, das Grundrecht auf Leben, all die Grundrechte, die unserer europäischen Zivilisation hoch und heilig sind, Herr Kollege Schieder, ... (Abg. Schieder: Stellt das jeder Staat für sich fest?) – Nein. Gerade Sie, Herr Kollege Schieder, waren immer einer jener, die gemeint haben, daß die Staatengemeinschaft sicherzustellen hat, daß die Menschenrechte in Europa gewahrt werden, und wenn es geht, rund um den Globus. Und jetzt werden vor unserer Haustüre von einem Tyrannen diese Grundrechte mit Füßen getreten! Und ich betone: Er ist nicht alleine, er hat Zigtausende Helfershelfer.

Aber dann kommt man daher und sagt: Wir müssen über die Rechtsordnung reden, das Völkerrecht wird nicht ganz eingehalten, und die UNO-Charta ist ein bißchen verletzt worden. – Das ist Zynismus!

Und ich bitte Sie – auch Sie, Herr Vizekanzler –: Hören Sie auf, von "ethnischer Säuberung" zu reden! Der erste, der heute von Völkermord gesprochen hat, weil es Völkermord ist, war Herr Kollege Khol. Es ist zynisch, in diesem Zusammenhang von "ethnischer Säuberung" zu reden! Das ist ein absolutes Unwort, das ich ablehne! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das hat nichts mit Säuberung zu tun! Das ist linke Dialektik, meine Damen und Herren! Das ist üble linke Dialektik, die hier zum Ausdruck kommt! Weil ein Marxist (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Schüssel) – übernehmen Sie sich nur bitte nicht, Herr Vizekanzler, das meine ich damit – Völkermord begeht, ist es plötzlich eine "ethnische Säuberung". – Das ist inakzeptabel, meine Damen und Herren!

These zwei, Herr Vizekanzler: Man hat so lange mit dem Herrn Milošević über ein Übel verhandelt und wollte nicht erkennen, daß der Herr Milošević und seine Helfershelfer und Schergen das Übel selbst sind, Herr Vizekanzler. Das ist das Problem, und das ist eine der Lehren, die man aus diesen Vorgängen ziehen sollte.

Man kann mit Diktatoren – das sollte man eigentlich wissen, wenn man die ganze Geschichte der vergangenen 70 Jahre in Europa leben und bewältigen mußte – nicht verhandeln, wenn sie bereits die Waffe in der Hand haben und Menschen dahinschlachten. Herr Kollege Schieder, dann ist nur mehr entschlossenes Handeln angebracht.


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