Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 96

strophe, die im übrigen während der Bombardements noch stärker geworden ist, zu verhindern, sondern daß offensichtlich schon andere Überlegungen im Vordergrund stehen.

Wenn zum Beispiel Frau Albright vor dem amerikanischen Senat als Antwort und Alternative nur mehr sagt: "Strike, strike, strike till the very end!", dann muß man sich fragen: Was heißt denn das? – Das heißt doch nichts anderes, als daß im Kosovo offensichtlich in absehbarer Zeit Bodentruppen zum Einsatz kommen sollen, daß es dort einen der blutigsten Kriege geben wird, wobei wir uns darauf verlassen können, daß die Serben höchstwahrscheinlich Widerstand bis zum letzten Mann leisten werden, sodaß wir uns also auf eine unglaublich blutige und kriegerische Auseinandersetzung einrichten müssen.

Ich glaube daher, daß die Außenpolitik in diesen Tagen besonders gefordert ist, bevor es zu dieser nächsten Eskalationsstufe kommt. Es geht um eine politische Lösung, für die die Bedingungen durch die Veränderung des Verhaltens Rußlands, wie ich meine, besser geworden sind. An dieser politischen Lösung gilt es zu arbeiten, bevor der nächste Schritt eingeleitet wird.

Ich stimme völlig mit dem überein, was unser Sonderbotschafter Wolfgang Petritsch heute in einem Interview ausgeführt hat, als er meinte, in der momentanen Situation sei es primär notwendig, sich von der eingetretenen militärischen Logik zu entfernen. Diese hat als einzige Ratio das Mehr anzubieten: immer intensivere Luftangriffe bis hin zu Bodentruppen. – Zitatende.

Ich meine, daß dieser Aussage eines intimen Kenners der Lage im Kosovo nicht wirklich etwas hinzuzufügen ist – außer der Bereitschaft, auch einen Beitrag dazu zu leisten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte. Um 15 Uhr müßte ich Sie unterbrechen, wenn Sie bis dahin mit Ihren Ausführungen nicht zu Ende gekommen sind.

14.56

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident, ich hoffe, daß ich zu diesem Zeitpunkt bereits zum Schluß gekommen bin. – Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich muß schon sagen, es hat mich an den heutigen Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers einiges überrascht. Er hat nämlich unter anderem davon gesprochen, daß sich die Notwendigkeit ergeben könnte, die Zahl der Personen, die im Flüchtlingscamp aufgenommen werden, zu erhöhen beziehungsweise, daß zu überlegen sei, ob man nicht auch die Zahl der in Österreich Aufgenommenen erhöhen könnte.

Ich frage Sie angesichts der Tatsache, daß wir von 600 000 Personen sprechen, ob wir bei zweimal 5 000 Personen wirklich das Ziel erreicht haben, das wir uns vorgenommen haben. Können wir in Österreich nicht mehr schaffen? Ist das eine wirklich ehrliche Anstrengung der Bundesregierung, zu sagen, "unter Umständen könnten wir mehr aufnehmen, vielleicht werden es sogar 10 000". – Ist das wirklich ehrlich angesichts einer Situation, in der andere Länder eine zigfache Anzahl von Flüchtlingen bewältigen müssen, Länder, die nur einen Bruchteil unserer Mittel haben?!

Ich finde das wirklich abscheulich. Und ich glaube, wir sollten uns wenigstens darin einig sein, nicht zu behaupten, wir seien die Besten überhaupt im humanitären Bereich. War es nicht so, daß erst sieben Tage nach dem Beginn dieses Krieges die Bundesregierung die erste Sitzung mit den NGOs einberufen hat? – Das waren sieben Tage des Frierens, des Hungerns, sieben Tage der Ungewißheit für die Flüchtlinge! Und gottlob herrscht derzeit nicht der tiefste Winter, denn sonst wären schon alle erfroren.

Ich glaube, daß die Bundesregierung kein gutes Krisenmanagement gehabt hat. Sie hat am Anfang von einer Beteiligung in Höhe von 10 Millionen Schilling gesprochen. 10 Millionen Schilling, in Worten: zehn! – Erst als sie bemerkt hat, daß man mit 10 Millionen Schilling wirklich nicht durchkommt, hat sie das auf 500 Millionen Schilling erhöht. – Das ist kein geeignetes Krisenmanagement!


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