Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 99

sich fast jeden Tag in Tschechien einerseits die Öffentlichkeit für einen Baustopp ausspricht und andererseits auch Regierungsmitglieder immer mehr zu einem Baustopp tendieren.

Wer in dieser Situation das Zünglein an der Waage sein wird, ist klar: Das ist der tschechische Ministerpräsident Miloš Zeman. Er ist Sozialdemokrat, und er ist auch ein politischer Freund von Bundeskanzler Klima. Da hat der Hebel zuerst angesetzt zu werden!

Wir befinden uns hier und jetzt atompolitisch gesehen wirklich gerade einen Meter vor dem Zieleinlauf! Aber bei diesem einen Meter beginnen wir auf einmal, die Zügel lockerzulassen, bei diesem einen letzten Meter beginnen wir auf einmal, den Leerlauf einzulegen, statt Vollgas zu geben. Darum ist es hier und heute unser Anliegen: Wir müssen diese Chance endgültig beim Schopf packen, sie wirklich zu einer massiven Offensive ummünzen und jetzt tatsächlich die letzte Möglichkeit ergreifen. Diese lautet – ich sage es zum zwölften Mal –: Klima muß nach Prag!

Wie wichtig es ist, auch auf EU-Ebene Aktivitäten zu setzen, ist Ihnen ebenfalls allen bewußt. Aber auch da vermissen wir Vorstöße von Herrn Vizekanzler Schüssel. Auch diesbezüglich gab es schon Entschließungen hier im Hohen Haus, damit auf EU-Ebene der Hebel für konkrete Ausstiegsprojekte und konkrete Finanzierungszusagen angesetzt wird. Deshalb hat unser Antrag mit der Fristsetzung auch heute wieder diese Stoßrichtung.

Sie alle wissen, daß die Bundesrepublik Deutschland eine maßgebliche Rolle bei den Beitrittsverhandlungen der mittel- und osteuropäischen Staaten spielen wird. Was hindert uns daran, daß wir unsere Kontakte nützen, daß Klima auch bei Schröder vorstellig wird, damit der deutsche Kanzler Schröder Temelin ebenfalls zur Chefsache macht, damit eine Umpolung stattfindet, was die europäische Atompolitik anlangt? – Temelin ist das Schlüsselprojekt! Wird bei Temelin der Baustopp verhängt, wird dort ein anderer Weg eingeschlagen, dann schaut es atompolitisch insgesamt für Mittel- und Osteuropa viel, viel günstiger aus.

Wenn hinsichtlich Temelin ein Exempel statuiert wird, wenn es als Musterbeispiel endlich umgesetzt wird, dann besteht die Möglichkeit, auch Bohunice zu schließen, dann besteht die Möglichkeit, auch die sehr gefährlichen Reaktoren in Litauen oder in Bulgarien zu schließen, dann ist K2/R4 auch zu stoppen. Keine Frage! Aber mit Temelin beginnt es, da ist der Hebel anzusetzen, und da müssen wir nachstoßen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler Klima hat anläßlich wiederholter Dringlicher Anfragen, die wir zur Atompolitik gestellt haben, immer wieder herausgestrichen, daß Österreich hierbei eine Schrittmacherfunktion hat. Aber gerade der letzte Schritt – ich sage, der Schritt des letzten Meters –, der jetzt ansteht, wird von ihm nicht wahrgenommen, wird von ihm nicht gesetzt, wird von ihm nicht gemacht. Das ist meiner Meinung nach wirklich ein Skandal! Das ist eine Kapitulation, obwohl der Sieg praktisch greifbar in Reichweite ist, in einem Ein-Meter-Abstand liegt. In dieser Frage wieder die Schrittmacherrolle einzunehmen und sie konkret und offensiv umzusetzen, das wäre das Gebot der Stunde!

Wie gesagt: Der Countdown läuft. Am 27. April liegen die Expertengutachten vor, und am 19. Mai erfolgt die Entscheidung der tschechischen Regierung. Bis dahin sind noch einige Wochen Zeit. Diese Wochen müssen genützt werden! Es ist sofort ein Termin festzusetzen und sind Spitzengespräche anzuberaumen.

Kommenden Montag jährt sich der Gedenktag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Kommenden Montag ist wieder eine Gedenkminute angebracht, was die Katastrophe von Tschernobyl anlangt. An diesem Montag müßte das "rote" Telefon bei Präsident Zeman läuten und die Ankündigung erfolgen: Klima kommt.

Ich ersuche Sie, unserer Fristsetzung zuzustimmen, damit Klima nach Prag fährt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Barmüller.)

15.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die maximale Redezeit beträgt ab jetzt 5 Minuten.


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