Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 124

den leben können, daß sie nicht hungern müssen und daß es ihnen gutgeht; wenn irgendwo auf dieser Erde Unrecht passiert, dann sind sie die ersten, die die Stimme erheben.

Da unser Land – man kann sagen leider oder zum Glück – ein kleines Land geworden ist, machen wir uns auch oft große Sorgen um unser Europa und unsere schöne Erde. Dann begehen wir manchmal den Fehler und unterliegen der Verlockung, große Politik machen zu wollen, und glauben, wir wüßten, wie die Welt zu ordnen ist und welche die richtigen Mittel sind.

Meine Damen und Herren! Was soll ich dazu sagen, wenn der Herr Vizekanzler meint, daß wir nicht wegsehen dürfen, wenn im Kosovo Vertreibung, Mord und Vergewaltigung passieren, daß wir nicht wegsehen dürfen, wenn "ethnische Säuberungen" passieren?! Was soll ich dazu sagen, wenn Herr Amon meint, daß Mord niemals als politisches Mittel akzeptiert werden darf?! – Selbstverständlich kann ich nur sagen: Ja! Jeder Grüne und jeder Politiker und jede Politikerin können nur ja sagen. Aber was ist die Antwort, meine Damen und Herren? Was ist das verantwortliche Handeln aus einer Gesinnung heraus, von der wir alle meinen, es sei die richtige – Sie, ich, alle innerhalb des NATO-Krisenrates.

Selbstverständlich auch Herr Joschka Fischer, der lange darauf gewartet hat, endlich ein Regierungsamt innezuhaben und Außenminister zu werden, hat die richtige Gesinnung und weiß, daß er niemals das mitansehen möchte, was seine eigene Geschichte als Deutscher ausmacht.

Meine Damen und Herren! Aber was ist die Antwort? Ist die Antwort im Kosovo gewesen, daß die Völkergemeinschaft UNO-Soldaten hingeschickt hat, um Schutzzonen einzurichten, um sich heldenmütig vor die Einwohner zu stellen und jene Mörder und Vergewaltiger abzuwehren, von denen Sie hier reden? Ist das die Antwort gewesen? (Abg. Mag. Kukacka: Nein, weil China ein Veto eingelegt hat!)

Nein, weil China ein Veto eingelegt hat, deshalb hat der NATO-Rat beschlossen: Wir beugen uns dem Veto von China, deshalb müssen wir in Belgrad und in Niš Bomben abladen. Ist das die Antwort, Herr Kukacka? Ist das das probate Mittel, das Gesinnungstäter befürworten, die meinen, sie seien im Besitz der richtigen Gesinnung, seien Katholiken wie Herr Khol, wie Herr Amon, wie Herr Kukacka, die Feinde so lieben, wie es in der Bibel steht? – Aber manchmal sind Feinde eben solche Feinde, daß wir unsere Bombenarsenale aufmachen, unsere B 52-Bomber losschicken müssen und dort abladen müssen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich frage Sie: Welche Funktion haben diese Bomben? Sind das Bomben, um die Serben zu erziehen? Sind das Bomben der Solidarität? Sind das Bomben der Freundschaft? Sind das Bomben des Friedens? – Heute erreicht uns eine Meldung, daß auch mit Uran angereichertes Material zum Einsatz kommt.

Meine Damen und Herren! Sie müssen sich die Frage stellen, was Ihre Verantwortung ist. Ihre Gesinnung nehme ich Ihnen ab. Herr Kukacka! Ich nehme Ihnen Ihre Gesinnung ab, daß Sie auch der Meinung sind, daß Verbrechen auf der ganzen Welt geahndet werden müssen. Aber stimmt das, was Herr Schüssel hier meint, wenn er sagt, wir dürften nicht wegsehen? Wer sieht denn hin beim Leid in Kurdistan, wo Zigtausende eines Volks ermordet worden sind, wo ganze Dörfer ausgeräuchert worden sind, eine Million Menschen geflüchtet ist? (Abg. Mag. Kukacka: Das ist kein Grund, daß man bei Kosovo wegschaut!)

Meine Damen und Herren! Wer sieht denn hin in Afrika, wer sieht denn hin in Osttimor, wer sieht denn hin in Laos, wer sieht denn hin in Kolumbien, wer sieht dort denn überall hin, meine Damen und Herren (Beifall bei den Grünen), wenn es darum geht, daß ein Minister oder eine Ministerin in einem Anfall von sozialdemokratischer oder humanitärer Gesinnung – ein ÖVPler kann es auch sein – die Entwicklungshilfe erhöht? – Dann kommt sofort das freiheitliche Lager und sagt: Bei uns müssen die Mindestrentner mit dem und dem Betrag auskommen! Wer sieht denn hin, wenn Hunderttausende auf dieser Welt verhungern, Herr Scheibner, wer sieht denn dort hin? Was ist Ihre Antwort als Militärexperte? (Abg. Scheibner: Was hat das mit der Landesverteidigung zu tun?)


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