Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 125

Meine Damen und Herren! Hätte es auf dem Balkan eine militärische Logik gegeben – ich bin kein Militarist, aber hätte es eine militärische Logik gegeben –, dann hätten dort UNO-Soldaten – wenn schon China und Rußland ignoriert werden – eingesetzt werden müssen, die Schutzzonen verteidigen und nicht Bomben abwerfen! Herr Kukacka! Das ist das Problem! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wer verantwortet die Opfer?)

Meine Damen und Herren! Joschka Fischer – ich halte das für eine persönliche, tragische Geschichte eines Grünen, der meine volle Sympathie hat – unterliegt offensichtlich den Sachzwängen eines deutschen Außenministers. Das finde ich persönlich bedauerlich. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP, darunter Abg. Dr. Khol: Was ist mit Cohn-Bendit? Das ist kein Außenminister? Was ist mit Cohn-Bendit?)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol! Ich zitiere einen unverdächtigen Zeugen, er ist schon etwas länger aus dem Geschäft: Bombardieren, bombardieren – das ist alles, was Sie kennen! – Das ist eine Zitat von Herrn Johnson, Präsident der Vereinigten Staaten, nachdem die Amerikaner jahrelang gemeint haben, sie müssen die Freiheit in Südostasien verteidigen, nachdem sie gemeint haben, kommunistische Herrschaften müssen um jeden Preis in die Knie gezwungen werden. Man hat ganze Landstriche mit Bomben zugedeckt, dort sind mehr Bomben als im Zweiten Weltkrieg gefallen. Dann "herrscht" der Präsident seine Militärs "an" und sagt, das sei das einzige, was sie können. Er will Lösungen, so sagt er weiter und fragt, wo sie sind.

Meine Damen und Herren! Wieweit wollen Sie denn mit den Bombardements und Ihrem Verständnis in dieser Frage gehen? – Die Brücken sind bombardiert, die Wasserkraftwerke sind bombardiert, die Heizkraftwerke sind bombardiert, Fabriken sind bombardiert, Straßen sind bombardiert, Eisenbahnen sind bombardiert, Schulen sind auch schon getroffen worden. Jetzt frage ich Sie: Wieweit wollen Sie gehen, damit Sie ihr Ziel im Sinne der Menschlichkeit, im Sinne des Friedens und im Sinne der Freiheit der westlichen Welt erreicht haben? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Heute sagte Vizekanzler Schüssel, die Serben seien nicht die Bösen (Ruf bei den Freiheitlichen: Alternative!), nein, es sei Milošević. – Meine Damen und Herren! Aber was ist die Konsequenz daraus? –Treffen die Bomben Herrn Milošević oder die Serben? Treffen die NATO-Einsätze Herrn Milošević oder die Einrichtungen, die in Jahrzehnten von einem Volk aufgebaut worden sind, das alle Mühen gehabt hat, nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder halbwegs wirtschaftlich dazustehen?

Die westliche vereinte NATO hat dort bereits Schäden im Ausmaß von 1 500 Milliarden Schilling angerichtet. Was ist damit erreicht worden? Ist jenes Ziel erreicht worden, das Sie vorgeben, meine Damen und Herren, das Sie unterstützen, das auch Joschka Fischer unterstützt und von dem er meint, das sei die einzige Antwort, die zu geben ist?

Meine Damen und Herren! Wenn wir keine andere Lösung haben, als Bomben zu werfen, dann trifft Ihr eigener Satz zu, den Sie heute immer wieder von diesem Rednerpult aus gesagt haben: Bomben dürfen niemals als politisches Mittel akzeptiert werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Hat das auch gegen die Nazis gegolten?)

Ich will jetzt nicht über die Angemessenheit des Beginns der Auseinandersetzung im Zweiten Weltkrieg reden. Ich sage Ihnen auch, daß, obwohl ich selbst kein Pazifist bin, mein Herz in dieser Stunde den Pazifisten gehört. Denn deren Antwort halte ich für wesentlich menschlicher als das, was Sie in Ihrer Hilflosigkeit ununterbrochen rufen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.)

Meine Damen und Herren! Das, was Sie hier tun, Herr Kukacka, bringt weder eine Lösung noch eine Deeskalierung noch sonst irgend etwas. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Letztes: Ich weiß schon, daß es den Sozialdemokraten und den christlichen Politikern innerhalb der ÖVP schwerfällt, eine differenziertere Position einzunehmen. Aber Sie sollten zur Kenntnis nehmen, daß jene Position, die die Grünen und andere, die die Situation etwas kritischer und differenzierter sehen, vertreten, auch Organisationen wie – Herr Khol, vielleicht


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