Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 32

möchte diesen Dank ausdehnen auf alle Österreicher, die im Europarat gearbeitet haben oder arbeiten, vom einfachen Mitarbeiter bis zum Generalsekretär. Ich möchte den Vertretern Österreichs im Ministerkomitee ebenso danken wie jenen im Gerichtshof, in der Kommission, den damit Befaßten in den österreichischen Ministerien, in der Ständigen Vertretung Österreichs in Straßburg und allen, die sonst für den Europarat wirken, in der Parlamentsdirektion, in der Vermittlung der Ideen des Europarates gegenüber den Medien, in den Medien gegenüber den Schulen, und allen Verbänden, Vereinen, Institutionen und Jugendorganisationen, die für die Ideen Europas eingetreten sind und eintreten.

Meine Damen und Herren! Die Vision der Gründungsväter des Europarates bezüglich der Zusammenarbeit auf unserem Kontinent, bezüglich des Zusammenwachsens unseres Kontinents war lange Jahre durch die Teilung unseres Kontinents und den Kalten Krieg überschattet. Nach dem Ende des Kalten Krieges müssen wir nun den Mut aufbringen, unsere Vorstellungen von Europa wieder so breit zu fassen und so stark einigend zu sehen wie zum Gründungszeitpunkt. War uns lange Zeit auf diesem Gebiet das Können genommen, so sollen wir dadurch nicht auch das Wollen verloren haben. Oder ist es einfach so, daß wir es angesichts des raschen Wandels in unserer Gesellschaft aufgegeben haben, verlernt haben, langfristig zu denken?

Wir müssen Europa wieder gesamteuropäisch verstehen und das Ideal einer transnationalen politischen Macht auf der Grundlage einer europäischen Verfassung wieder ernsthaft auch in den nationalen Parlamenten, auch in unserem Parlament, diskutieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Europäische Union hat neue Dynamik in unseren Kontinent gebracht. Der Glanz der Europäischen Union freut uns ehrlich. Daß damit aber wichtige andere Einrichtungen wie der Europarat in den Schatten gestellt werden, bedauern wir.

Niemand übersieht die Probleme des Europarates, vor allem nicht die, die ihn genau kennen, nämlich manchmal bürokratische Verfahren, das antiquierte Übergewicht des Ministerkomitees gegenüber der Parlamentarischen Versammlung, die fehlende Zuständigkeit in Sicherheitsfragen, die Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen mit der OSZE. Und jeder weiß auch, meine Damen und Herren, daß es, wenn alle oder fast alle Mitgliedstaaten des Europarates in der EU sein werden, keinen Sinn mehr haben wird, den Europarat zu belassen.

So weit ist es aber noch lange nicht. Wir diskutieren nicht über die letzten Mitgliedstaaten des Europarates, die in die EU kommen wollen, sondern wir diskutieren darüber, ob es in den nächsten Jahren zu einer Erweiterung kommt – und ich bin sehr dafür, daß sie sehr bald stattfindet –, nach der die EU 21 Mitglieder haben wird und der Europarat zirka die doppelte Anzahl an Mitgliedern.

Ich fürchte, wir werden den Europarat noch lange ganz, ganz dringend brauchen. Dazu muß er aber auch dringend reformiert werden. Die Basis dafür könnten die Empfehlung 13/94 über die Gestaltung unseres Kontinents, die Entschließung 11/78 über ein europäisches politisches Projekt, die Entschließung 11/77 über die Schaffung eines erweiterten Europas ohne Trennlinien und die Stellungnahme Nummer 208 zum Bericht des Ausschusses der Weisen sein.

Inhaltlich heißt das, einen dritten Gipfel des Europarates abzuhalten, bei dem ihm die Aufgabe übertragen wird, seine Grundsätze und Werte in einer gesamteuropäischen institutionellen Charta zu vereinen.

Inhaltlich heißt das stärkere Überwachung und Beobachtung der Mitgliedsländer in bezug auf Menschenrechte, Justiz, parlamentarische Demokratie und Medienfreiheit. Das heißt Haushaltsautonomie für die Parlamentarische Versammlung, Durchsetzung der Überwachung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte durch die Parlamentarische Versammlung, Schaffung eines Mitentscheidungsverfahrens der Parlamentarischen Versammlung bei Konventionen, Vereinbarungen und Protokollen, Stärkung der Rolle des Generalsekretärs, damit er in Konfliktsituationen unverzüglich agieren kann, breitere Anwendung des Systems der qualifizierten Mehrheit im Ministerkomitee, Abschaffung des Vetos in den meisten Fragen und


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